Demo bei VW-Hauptversammlung: Elektromobilität zur Besänftigung

Der VW Kozernchef will mehr auf E-Autos setzen. Das reicht Umweltaktivist*innen nicht. Sie fordern den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

AktivistInnen in weißen Overalls beim Protest vor der VW-Hauptversammlung in Berlin

„Volkswagen tötet“ – lautet das Motto dieser AktivistInnen gegen den Automobilkonzern Foto: reuters

Als eine Sirene ertönt, fallen am Dienstagmorgen vor der Volkswagen-Hauptversammlung auf dem Berliner Messegelände plötzlich über 50 Personen wie tot um. Um sie herum ein gelbes Absperrband mit dem Schriftzug „climate crime scene“. Sogleich eilt die Spurensicherung herbei und bestätigt den Verdacht: Tod durch kriminelle Klimazerstörung und Feinstaubbelastung, wesentlich mitverursacht von VW. Eine Aktivistin ruft den zum Eingang vorbeilaufenden Aktionär*innen zu: „Sie können ausrichten, dass wir ­gegen VW ermitteln!“

Unter dem Motto „Volkswagen tötet“ hatte ein Bündnis aus den Umweltbewegungen Extinction Rebellion, Robin Wood und Gegenstrom dieses sogenannte „die-in“ durchgeführt, um gegen die Klimakrise, den Abgasskandal und VWs Zusammenarbeit mit der faschistischen brasilianischen Regierung zu protestieren. Viele der insgesamt etwa 100 Protestierenden, darunter auch Mitglieder der Anti-Kohle-Bewegung „Ende Gelände“ und Fahrradaktivist*innen aus dem Umfeld der „Critical Mass“, waren als Fahrradkorso angereist.

Bei der Hauptversammlung wollte die Stiftung Ethecon, die die Proteste unterstützte, dem VW-Konzern eigentlich zusammen mit dem Dachverband der Kritischen Aktionäre den „Black Planet Award“ überreichen. Dieser Negativpreis für den Ruin des Planeten – ein großer, mit schwarzer Farbe besudelter Globus – wurde jedoch, wie auch die Flugblätter der Aktivist*innen, am Eingang beschlagnahmt.

Um Kritik kam VW trotzdem nicht herum, denn die hagelte es sowohl von den Kritischen Ak­tionär*innen als auch von sonstigen Anteilseignern – nicht zuletzt wegen des verschleppten Dieselskandals. VW-Chef Diess erläuterte bei dem Treffen ein Maßnahmenpaket, das diese besänftigen soll, dabei geht es auch um die Elektromobilität.

Einstieg in Batteriezellfertigung

Bereits letzte Woche hatte das Unternehmen das massentaugliche vollelektrische Automodell ID.3 vorgestellt und angekündigt, in Zukunft grün zu werden. „Auf absehbare Zeit gibt es keine Alternative zum batterieelektrischen Antrieb“, sagte Diess. Nun beschloss der Aufsichtsrat den Einstieg in eine dafür nötige Batteriezellfertigung am Standort in Salzgitter. Für knapp 1 Milliarde Euro soll nun eine eigene Fabrik entstehen, die anfangs rund 700 Mit­arbei­ter*innen beschäftigen soll.

Trifft der Klimaprotest also die Falschen? Die Aktivist*innen zeigen sich weder von diesem Vorstoß des Konzerns noch von veganen Häppchen bei der Versammlung beeindruckt. Viele bemängeln, dass derartige Zugeständnisse stets zu spät und erst auf großen Druck kommen. Aktivist Tadzio Müller sagt: „E-Autos zu bauen ist einerseits zwar richtig, gleichzeitig kann das aber bei einer Überproduktion von Fahrzeugen, wie VW sie vorantreibt, überhaupt nicht nachhaltig sein.“

Niklas Hoves, Ethecon

„Nach dem Diesel-Skandal könnte jetzt noch ein Kobalt-Skandal kommen“

Der Ethecon-Geschäftsführer Niklas Hoves geht noch einen Schritt weiter: „Nach dem Dieselskandal könnte jetzt noch ein Kobaltskandal kommen. Denn die für die Batterien nötigen Rohstoffe sorgen für eine genauso schlechte Klimabilanz. Anstatt noch mehr Autos zu bauen, fordern wir den radikalen Ausbau des öffentlichen Verkehrs.“ Die 21-jährige Studentin Veronika meint außerdem: „Mir geht es gar nicht speziell um VW – ich möchte einfach dazu beitragen, dass die Aufmerksamkeit erhöht wird dafür, dass sich etwas ändern muss im Verkehrsbereich insgesamt.“

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