Unverpackt ist teuer: Plastikflut im Obstregal

Immer mehr Früchte und Gemüse gibt es plastikverpackt zu kaufen. Das zeigt eine neue Studie der Verbraucherzentrale. Discounter sind die schlimmsten.

Eine Hand nimmt eine Kaviar-Packung aus dem Kühlregal

Gleich doppelt verpackt: Kaviar beim Discounter. Foto: dpa

HAMBURG taz | Die Gurke ist die rühmliche Ausnahme. Sie hat ihre Ökobilanz deutlich verbessert. Nicht einmal jedes zweite Exemplar wird noch in Plastik verpackt an der Ladentheke angeboten. Während kleine Snackgurken häufig noch in Kunststoffbehältern im Regal stehen, gibt es die normalen „Schlangengurken“ quasi nur unverpackt. Doch bei anderen Obst- und Gemüsesorten geht der Trend in die entgegengesetzte Richtung – das zeigt eine neue Studie der Verbraucherzentrale Hamburg.

„Die Verpackungsflut hat insgesamt in diesem Bereich zugenommen“, weiß Studienautor Armin Valet. In 42 Filialen der acht wichtigsten Lebensmittelketten – die meisten davon in Hamburg – nahmen die VerbraucherschützerInnen insgesamt 1.394 Frucht- und Gemüseangebote in Augenschein.

Da würden etwa Weintrauben oder auch Beerenfrüchte, die früher nur unverpackt oder in etwas Papier eingewickelt über die Ladentheke gingen, inzwischen fast nur verpackt angeboten, erklärt Valet. Sein Favorit: „15 Gramm Kräuterzweiglein in 15 Gramm Plastikverpackung“.

Insgesamt wird laut dieser Stichprobe noch immer knapp zwei Drittel des Obst und Gemüses in Plastik verpackt verkauft. Denn anders als auf unverpacktem Gemüse kann auf der Verpackung der Scan-Code leicht angebracht werden, der den Preis in die Kasse einspeist. Das spart Arbeitszeit und damit Personal. Spitzenreiter bei der in Hamburg und Henstedt-Ulzburg vorgenommenen Inaugenscheinnahme sind Tomaten und Möhren mit einer Plastikquote von jeweils 77 Prozent.

Bio-Märkte Vorbild

Weitere Ergebnisse der Verbraucher-Studie: Bei der Verpackungsflut gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Lebensmittelketten. Discounter verkaufen deutlich mehr Obst und Gemüse in Plastik als Supermärkte.

Als Spitzenreiter bei den Hamburger Stichproben entpuppten sich laut der Erhebung der Verbraucherzentrale die Penny-Märkte mit einer Plastikquote von 81 Prozent, gefolgt von Aldi (77 Prozent), Netto und Lidl (jeweils 67 Prozent). Am besten schnitten die Edeka-Märkte mit einer Kunststoff-Quote von 47 Prozent ab, mit Abstand folgt Rewe (58 Prozent).

Dabei ist das unverpackte Erntegut meist teurer als das verpackte. Wer ökologisch einkaufen will, muss also draufzahlen. Wo es von einer Obst- oder Gemüsesorte verpackte und unverpackte Angebote im selben Laden gab, war das unverpackte Produkt zu 57,5 Prozent teurer als das verpackte. Nur in 33,5 Prozent aller Fälle war das Plastik-Food kostspieliger. Beim Rest der Ware gab es keinen Preisunterschied.

Discounter verkaufen deutlich mehr Obst und Gemüse in Plastik als Supermärkte

Nicht empirisch untersucht haben die VerbraucherschützerInnen die Bio-Produktpalette in Supermärkten und Discounter und das Angebot von Bio-Märkten. Armin Valet hat jedoch beobachtet, dass „die Bio-Produkte in normalen Märkten nicht plastikfreier sind“ als die Standardware, Bio-Supermärkte hingegen tatsächlich in aller Regel auf Verpackungsarmut in ihrem Angebot achten.

Bloß Marketing-Getöse

„VerbraucherInnen wünschen sich laut aller Umfragen weniger Plastik im Alltag, doch der Handel tut kaum etwas“, ärgert sich Valet. Der Handel sei nun „in der Pflicht, das Angebot an unverpacktem Obst- und Gemüse zu vergrößern“, ergänzt sein Kollege Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen.

Stattdessen gebe es nur ein großes Marketing-Getöse, wenn zukünftig Plastiktüten nicht mehr kostenfrei, Trinkhalme nicht mehr aus Plastik und Gurken unverschweißt angeboten würden. Ein „grundsätzliches Umdenken im Handel“, so Valet, „können wir aber nicht erkennen.“

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