Pläne zur Verschärfung des Asylrechts: Seehofers liebstes Prestigeprojekt

Der Innenminister will das Abschieberecht deutlich verschärfen. Die Opposition sieht die Grundrechte in Gefahr, die SPD hält sich bedeckt.

Polizisten führen einen Mann ab

Polizisten eskortieren einen gefesselten Mann, der abgeschoben werden soll Foto: dpa

BERLIN taz | Bloß nichts falsch machen. Das scheint Horst Seehofer zu denken, als er an diesem Donnerstag auf der Regierungsbank im Bundestag sitzt und auf seinen Einsatz wartet. Der Innenminister blättert in seinen Karteikarten, notiert etwas. Auch seine hellblaue Krawatte rückt er noch mal zurecht. Dann ist es so weit: Er tritt ans Rednerpult und tut, worauf er lange gewartet hat: Er stellt sein Prestigprojekt als Bundesinnenminister vor, das sogenannte Geordnete-Rückkehr-Gesetz.

Bereits Mitte April war der Gesetzentwurf, der vor allem eine Verschärfung der Abschiebepraxis von ausreisepflichtigen MigrantInnen vorsieht, vom Kabinett verabschiedet worden. Das „Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“, wie es auf Amtsdeutsch heißt, sieht zahlreiche Maßnahmen vor, die eine Verschärfung der Asylrechts bedeuten.

Neben der Einführung eines neuen Duldungsstatus soll mit dem Gesetz die Abschiebehaft erleichtert und ausgeweitet werden, außerdem soll eine sogenannte Mitwirkungshaft für Menschen eingeführt werden, die etwa Botschaftstermine im Rahmen der Passbeschaffung nicht wahrnehmen. Sozialleistungen sollen gekürzt und in bestimmten Fällen sogar ganz gestrichen werden können.

Zum Auftakt der Debatte im Bundestag preist Seehofer sein Gesetz. Von einer „Durchsetzung rechtsstaatlicher, klarer Regeln“ spricht der CSU-Minister. Es behebe „einige Mängel“ im bestehenden Asylrecht und folge einem klaren Prinzip: „Wer kein Bleiberecht hat, muss unser Land verlassen.“

Aktuell gelten 236.000 Menschen in Deutschland als ausreisepflichtig, haben also keinen Status, der es ihnen erlaubt, in Deutschland zu bleiben. 184.000 von ihnen sind geduldet. Sie können nicht abgeschoben werden, etwa, weil Papiere fehlen. Seehofer will mit dem Gesetz die Zahl der erfolgreichen Abschiebungen erhöhen. Dabei herrscht bereits über die Zahlen Uneinigkeit.

Die Opposition verweist im Zusammenhang mit der Aufnahme Schutzsuchender auf den hohen Wert der Grundrechte – passend dazu hatten die ParlamentarierInnen sich bereits am Morgen mit dem 70. Jubiläum des Grundgesetzes beschäftigt.

Kriminalisierung der Flüchtlingshelfer

„Sie werfen die Grundrechte über Bord“, ruft die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat dem Innenminister zu. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagt, die verbliebenen Rechte von Schutzsuchenden würden „bis in die Unkenntlichkeit verstümmelt“.

Polat und Jelpke stoßen sich vor allem an der Kriminalisierung der Flüchtlingshelfer. So sieht Seehofers Entwurf vor, dass sich Behördenmitarbeiter, die Betroffene vor einer geplanten Abschiebung warnen, strafbar machen. Proteste gegen eine Abschiebung seien eine legale Meinungsäußerung, so die Grüne. Von einem „ganz schäbigem Vorgehen“ spricht Jelpke.

Und die SPD? Der Koalitionspartner versucht sich, wie so oft, am Mittelweg. Die Union nicht unnötig vor den Kopf stoßen, aber trotzdem Kritik üben. Abschiebeverschärfungen seien für seine Partei ein „schmaler Grat“ zwischen humanitärer Verantwortung und rechtsstaatlicher Durchsetzung, sagt Abgeordnete Helge Lindh. Sein Parteikollege Lars Castellucci lobt vor allem das vergangene Woche debattierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz – die Union hatte ihre Zustimmung zu diesem Herzensanliegen der SPD davon abhängig gemacht, dass die Sozialdemokraten beim Abschiebegesetz kooperieren.

Der Bundesrat, der sich am Freitag mit dem Gesetz befasst, hat bereits Zweifel angemeldet. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik etwa hält den Gesetzentwurf in weiten Teilen für verfassungs- und unionsrechtlich bedenklich.

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