Genossenschaft für Vorkaufsfälle: Aus Mietern werden Genossen

Die neue Mietergenossenschaft „Diese eG“ soll Häuser retten, die nicht von kommunalen Unternehmen gekauft werden. Ein erster Kauf läuft schon.

"Vorkauf statt Ausverkauf"-Transparenten hängt an einem Balkon

Fassade an einem Neuköllner Mietshaus Foto: imago/Muller-Stauffenberg

BERLIN taz | Ein riesiges „Nö!“ prangt auf einem Transparent über zwei Etagen an der Fassade in der Hobrechtstraße in Neukölln. Dazu unzählige weitere Banner, die dem Verkauf des Wohnhauses an einen privaten Investor widersprechen. Ganz ähnlich sehen aktuell die Fassaden an mindestens einem Dutzend weiterer Häuser in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln aus. Sie alle wurden im April verkauft, teilweise als Paket; und überall hoffen die Mieter, doch noch vor den Profitinteressen der neuen Vermieter gerettet zu werden.

Auf dem Weg zur Abwehr der Verkäufe ist nun ein entscheidender Schritt gelungen: die Gründung einer Genossenschaft, zu deren Gunsten das bezirkliche Vorkaufsrecht ausgeübt werden soll. Nötig wurde die Konstruktion, nachdem die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften die Übernahme der Häuser wegen zu hoher Verkaufspreise abgelehnt hatten beziehungsweise weil die Anzahl ihre Kapazitäten übersteigt. In kleiner Runde, an der unter anderen Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und der Regionalleiter der GLS-Bank, Werner Landwehr, teilnahmen, sei die Idee entstanden, erzählt Landwehr der taz.

Vergangenen Freitag wurde die Genossenschaft mit dem Namen „Diese eG“ gegründet. Dem Vorstand gehören neben Landwehr die Aktivistinnen Elena Poeschl und Simone Gork an, die mit ihrem Projekt Kiezkonnektors an der Vernetzung der Häuser arbeiten. Noch am selben Tag verkündete Schmidt, das Vorkaufsrecht für ein erstes Haus zugunsten der Genossenschaft ausgeübt zu haben. „Dieses Modell könnte eine ganze Menge Häuser retten“, so ­Poeschl.

Für die Mieter, die sich beteiligen wollen, bedeutet das: Sie werden Genossen ihres Hauses, müssen dafür aber Anteile zeichnen. Gerechnet werde mit 500 Euro pro Quadratmeter, erklärt Landwehr, also 25.000 Euro für eine 50 qm große Wohnung. „Viele Mieter sind bereit, sich bis zur Decke zu strecken“, sagt Landwehr. In den 13 Häusern, die bislang über das Genossenschaftsmodell diskutieren, wollen und können sich etwa 80 Prozent der Mieter beteiligen.

Mit vereinten Kräften

Um die Kaufpreise für die Häuser von bis zu 4.000 Euro pro qm zu stemmen, steht die Finanzierung noch auf drei weiteren Säulen: einem zehnprozentigen Zuschuss des Senats, einem Programm des Landes Berlin zur Förderung genossenschaftlichen Neubaus und Bestandserwerbs, das günstige Darlehen gewährt, sowie Bankdarlehen, über die etwa 40 Prozent der Kaufsumme aufgebracht werden müssen. Landwehr spricht von „vereinten bürgerschaftlichen Kräften“.

Die Genossenschaft ist grundsätzlich offen für weitere Häuser, momentan „kommen jede Woche zwei, drei hinzu“, sagt Landwehr. Andere fallen heraus, etwa weil ein Käufer den Vorkauf durch die Zusage, sich den Zielen des Milieuschutzes zu verpflichten, abwendet. Unter dem Namen Kiezkoala soll bald eine Kampagne Unterstützung für die Genossenschaftsidee generieren.

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