Werften wollen grüner werden

Je mehr Umweltauflagen, desto besser: Die Aussichten für die Branche sind laut Schiffbauverband gut

Von Hermannus Pfeiffer

Der Schiffbau kriselt. Allein im vergangenen Jahr ging die Zahl der aktiven Werften weltweit von 428 auf 330 zurück, davon wird die Hälfte noch 2019 den letzten Auftrag abliefern. Dennoch sieht Harald Fassmer „keinen Grund“, pessimistisch in die Zukunft zu schauen. „Insgesamt sind die Aussichten für die deutsche Schiffbauindustrie gut“, sagte der Präsident des Schiffbauverbandes VSM am Dienstag auf dessen Jahrespressekonferenz in Hamburg.

Doch die Geschäfte könnten besser laufen, wenn die Schifffahrt sauberer würde. Die Industrie sieht hier „großen Nachholbedarf“ im Vergleich zum Verkehr auf Land. Beispiel Diesel: Zwar treten ab 2020 weltweit neue Schwefelgrenzwerte für Schiffe in Kraft. Doch die neuen sogenannten schwefelarmen Kraftstoffe werden dann immer noch 100-mal so viel Schwefel enthalten wie Pkw-Diesel. „Wir sind also noch lange nicht durch mit dem Thema“, hatte Fassmer am Montagabend beim traditionellen Spargelessen im Hamburger Hotel „Atlantik“ der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer mit auf den Weg zur Kanzlerinnenschaft gegeben.

Technische Lösungen gebe es nicht allein gegen Luftverschmutzung, sondern auch, um Klimagase zu reduzieren. Was bereits machbar ist, demonstrierte während des 830. Hafengeburtstages die französische „Energy Observer“. Der Katamaran stößt weder CO2 noch Feinstaub aus. „Die maritime Energiewende ist möglich“, betonte Fassmer.

Schiffbauer setzen vor allem auf „Power-to-X-Projekte“, bei denen überschüssige Energie aus Offshore-Windparks über Brennstoffzellen als Antrieb genutzt wird. Flüssigerdgas sieht man dagegen in der Branche eher als Übergangstechnologie. „Dies ist eine Aufgabe, die der Markt alleine nicht lösen kann“, fordert Fassmer die Politik zum Eingreifen auf.

Der Chef der Fassmer-Werft hofft – wie seine Branchenkollegen ­– auf üppige Aufträge. Der komplexe Schiffbau sei die industrielle „Königsdisziplin“ und je höher die Umweltauflagen für die maritime Wirtschaft ausfallen, desto größere Geschäfte verspricht sich die exportstarke Branche.

Die deutschen Schiffbauer hatten in den 2000er-Jahren rechtzeitig auf die Billigkonkurrenz aus Korea und China reagiert und auf Hightech-Produkte wie Kreuzfahrtschiffe, Luxus-Yachten und Korvetten gesetzt, die pro Stück bis zu einer Milliarde Euro kosten können. An einem einzelnen Auftrag sind bis zu 1.000 nicht-maritime Unternehmen beteiligt, viele davon in Süddeutschland. Daher findet in der kommenden Woche die 11. Nationale Maritime Konferenz mit Noch-Kanzlerin Angela Merkel und mehreren Bundesministern erstmals im Binnenland, in Friedrichshafen am Bodensee, statt. „Grüne“ Schifffahrt wird ein Schwerpunkt auf dem Gipfeltreffen sein.