Kritik an Entschuldigung von Grünenthal

MORAL 50 Jahre hat der Contergan-Hersteller gebraucht – viel zu lang, finden Opferverbände

SYDNEY/LONDON dpa | Die Entschuldigung der Firma Grünenthal bei den Contergan-Geschädigten ist bei vielen Opferverbänden nicht gut angekommen. „Zu wenig, zu spät“, kommentierten am Wochenende Anwälte, die Opfer des Arzneimittelskandals in Australien vertreten. Das britische Contergan-Opfer Nick Dobrik sagte zur BBC: „Wir sind der Meinung, eine ernsthafte Entschuldigung muss die Fehler einräumen, die gemacht wurden.“

Die britische Stiftung Thalidomide warf Grünenthal vor, die Firma wolle immer noch den Mythos aufrechterhalten, niemand habe wissen können, welche Schäden das Medikament anrichten könne. Contergan war in Großbritannien als Thalidomide verkauft worden.

Björn Håkansson vom schwedischen Opferverband sprach von einer wertlosen Entschuldigung. „Nach 50 Jahren kriechen sie zu Kreuze, nachdem sie in mehreren Ländern verklagt wurden“, sagte er. Die überlebenden 99 Contergan-Geschädigten in Schweden hätten von Grünenthal niemals eine Entschädigung oder eine Anerkennung ihres Leidens erhalten, sagte Håkansson. Allerdings hatten die schwedischen Opfer Zahlungen der heimischen Firma Astra bekommen, die das Medikament in Lizenz verkauft hatte.

Der Hersteller des Schlafmittels, das Anfang der 60er Jahre bei ungeborenen Kindern schwere Schäden verursachte, hatte am Freitag erstmals das Wort „Entschuldigung“ in den Mund genommen. Etwa 10.000 Kinder mit schweren Missbildungen vor allem an Armen und Beinen kamen zur Welt. Es sei bedauerlich, dass die Firma nicht früher auf die Opfer zugegangen sei, sagte Geschäftsführer Harald Stock.

Nach langen Auseinandersetzungen war 1971 eine Stiftung eingerichtet und mit 200 Millionen Mark ausgestattet worden. Grünenthal und Bund steuerten zu dem Fonds, aus dem Geschädigte eine Rente erhalten, je die Hälfte bei.