Grüne suchen soziales Profil

SOZIALSTAAT Die Hamburger Grünen formulieren Antworten auf die Soziale Frage und setzen dabei auf Schuldenbremse und neue Abgaben

■ Ohne Job: Am niedrigsten ist die Arbeitslosenquote in Kirchwerder und Duvenstedt (weniger als 1,9 Prozent), am höchsten in Billstedt und Hausbruch (mehr als 14 Prozent).

■ Die Stadt mit den meisten Millionären in Deutschland ist Hamburg: Über 600 Einkommensmillionäre wohnen hier, 43.000 Hamburger besitzen mehr als eine Million Euro. Gleichzeitig lebt hier jedes vierte Kind in Armut.

■ Die Spaltung zwischen Arm und Reich nimmt in Hamburg wie in fast allen deutschen Städten zu – trotz rückläufiger Arbeitslosenquote.

Das grüne Bekenntnis zur Schuldenbremse wurde zwar angekratzt, bleibt aber im Grundsatz unangetastet. So lautet ein wesentliches Ergebnis der „sozialpolitischen Konferenz“ der Hamburger Grünen, zu der sich am Samstag in der Neustadt etwa 60 Mitglieder und Sympathisanten der Partei versammelten.

Statt an der Schuldenbremse zu rütteln, wollen die Grünen in Zukunft stärkeren Druck ausüben, die Hamburger Einnahmen zu mehren – etwa durch Erhöhung der Grunderwerbssteuer. Zudem diskutierten die Anwesenden, alle Staatsausgaben daraufhin zu überprüfen, welche sozialen Folgewirkungen sie haben.

In seinem Eingangsreferat hatte Harald Ansen, Professor an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), die Hamburger Ausgabepolitik kritisiert. Dass es für die Kürzung etwa für Zuwendungen an Freie Träger „keine inhaltlichen Begründungen“, sondern nur noch Sparzwangargumente gebe, verstoße „gegen die Landeshaushaltsordnung“. Ob bei der Unterbringung von Obdachlosen oder der Bereitstellung von Kita-Plätzen: Stets werde nur noch über Kosten und Platzanzahl, nicht mehr aber über Qualitätsstandards diskutiert.

Das Sozialstaatsprinzip habe Verfassungsrang und dürfe durch den Dauer-Rekurs auf die Schuldenbremse nicht ausgehöhlt werden. Die wurde von der grünen Wirtschaftsexpertin Anja Hajduk postwendend verteidigt: Die Schuldenbremse schaffe nicht nur „Generationengerechtigkeit“, sie lenke dass Augenmerk darauf, nicht nur Ausgaben zu reduzieren, sondern die „Einnahmen zu erhöhen“.

Die Klassiker heißen hier: mehr Steuerprüfungen, Wiedereinführung der Vermögenssteuer und Erhöhung der Erbschaftssteuer und Bettensteuer in Hamburg. „Da stirbt keiner von“, betont Harald Ansen. Und die grüne Parteichefin Katharina Fegebank ergänzt: „Wir Grüne stehen zur Schuldenbremse, die aber einen enormen Druck auf die Einnahmeseite ausübt.“

Bei der Suche nach „unserem Platz auf der sozialpolitischen Landkarte“, so Fegebank, sollten jetzt die Ergebnisse der Konferenz in einen sozialpolitischen Leitantrag eingegossen werden, der zunächst im Internet diskutiert und dann samt Änderungsanträgen auf einer grünen Landesmitgliederversammlung am 4. November zur Abstimmung gebracht werden solle.

Dann werde es darum gehen, das sozialpolitische Profil der Grünen vor allem auch „im Gegensatz zur SPD“ – so Fegebank – zu schärfen.  MARCO CARINI