Bundesbank entmachtet Thilo Sarrazin

AFFÄREN Der SPD-Politiker verliert nach rassistischen Äußerungen über türkische und arabische Migranten seine bisherige Zuständigkeit über Bargeld bei der Bundesbank, darf aber bei der Behörde bleiben

FRANKFURT/MAIN dpa/taz | Als Konsequenz aus seinen umstrittenen Äußerungen zur Integration von Ausländern wird Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin weitgehend entmachtet. Der 64-Jährige verliert seine Zuständigkeit für den wichtigen Bereich Bargeld. Künftig ist der SPD-Politiker nur noch für Informationstechnologie und Risiko-Controlling verantwortlich. Das teilte die Deutsche Bundesbank nach einer Vorstandssitzung am Dienstag in Frankfurt mit. In einem kurzen Statement hieß es: Der Vorstand der Deutschen Bundesbank hat sich heute in einer Aussprache auf die Grundlagen für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit verständigt. Es gilt jetzt, den Blick nach vorn zu richten und gemeinsam die schwierigen Aufgaben und Herausforderungen zu bewältigen.“

Sarrazins bisherige Zuständigkeit im Bargeldbereich wird von Vorstandsmitglied Hans Georg Fabritius übernommen, der zudem Controlling und Zahlungsverkehr überwacht. Insbesondere Bundesbankpräsident Axel Weber habe den Plan zur Entmachtung Sarrazins unterstützt, hieß es aus Kreisen der Notenbank.

Die Degradierung wird als Folge eines Interviews Sarrazins in der Zeitschrift Lettre International gesehen. Darin hatte er Türken und Arabern polemisch vorgeworfen, sich der Integration zu verschließen. Unter anderem hatte er erklärt, „die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch eine höhere Geburtenrate.“ Und weiter: „Eine große Zahl an Arabern und Türken hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel.“ Damit hatte er einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Sarrazin hat sich inzwischen öffentlich für seinen Tonfall entschuldigt, lehnt einen Rücktritt bislang aber ab, obwohl Bundesbank-Präsident Weber ihn indirekt dazu aufgefordert hatte. Sarazin war erst im Mai in den Bundesbank-Vorstand berufen worden. Die Staatsanwaltschaft prüft nach einer Anzeige, ob ein Anfangsverdacht auf Volksverhetzung vorliegen könnte. KLH

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