berliner szenen Auf der Fuckparade

Ist doch gut so

Am lustigsten sind die drei Action-Painting-Japaner. Wem gerade nach etwas Farbgeklecksel auf dem freien Oberkörper ist, bekommt das bei ihnen gratis, ansonsten bekleckern sie Leinwände zur Musik. Überhaupt wirkte die Fuckparade dieses Jahr bunt wie schon lange nicht mehr. Man kann sich schließlich auch an Paraden erinnern, wo beinahe ausschließlich Typen mit „Terror“-Kapuzenpullis ihren Spaß hatten und tapfer zu Gabba das Gesicht verzogen.

Doch dieses Mal regierte echte Vielfalt. Einer versuchte sich als Feuerspucker, ein anderer hielt ein gerade umfunktioniertes Wahlplakat hoch, auf dem nun zu lesen war: „nicht noch mehr Arbeitsplätze“, und auch mit der Musik hatte man sich einigermaßen bemüht, etwas weniger auf diese zwanghaft gewordene Härte und Brutalität zu setzen. Der Love Parade gegenüber muss man schließlich nichts mehr beweisen, und so gab es glücklicherweise mehr als Speedcore, Gabba und das Beste vom Keller- DJ aus Marzahn. Auf einem Wagen spielte eine Punkband, die zwar extrem schlimm war, aber immerhin: Mal was anderes. Und von dem einen Mainstreamwagen, hinter dem man auch getrost mit seiner Tante aus dem Schwäbischen hätte herumziehen können, vernahm man sogar Hits von Franz Ferdinand bis Visage. Wer hätte das gedacht, dass die Fuckparade noch mal so ein Comeback hinbekommen würde?! Die „Abschlusskundgebung“ fand dann zwar leider im Niemandsland einer Baustelle beim Ostbahnhof statt, damit in Berlin ab 20 Uhr auch wieder schön alles seinen geregelten Gang gehen konnte. Doch davor hatte man recht würdevoll in Kreuzberg und Mitte demonstriert, dass man da ist, dass man anders ist und dass das auch gut so ist. ANDREAS HARTMANN