Der Tote

„Mit Trauer verkünden wir den Tod seiner Exzellenz Fahd Ibn Abdul Aziz Fahds, des Wächters der beiden heiligen Stätten Mekka und Medina. Möge Gott ihm die Gnade erweisen, in seinem weiten Paradies Platz zu nehmen.“ So verkündete das staatliche saudische Fernsehen die Nachricht vom Tod des Königs, die für niemanden wirklich überraschend kam. Am 27. Mai war Fahd mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der 82-Jährige hatte sich nie wieder von einem Schlaganfall, den er bereits vor einem Jahrzehnt erlitten hatte, erholt. Mancher Staatsbesucher sah sich in den letzten Jahren einem Mann gegenüber, der Schwierigkeiten hatte, sich auf ein längeres Gespräch zu konzentrieren. Hinter den Kulissen hatte ohnehin schon seit einem Jahrzehnt sein jetziger Nachfolger Kronprinz Abdallah die Fäden in der Hand.

König Fahd, der am 3. Juni 1982 den Thron bestieg, galt als aggressiv und ehrgeizig im innerfamiliären Machtgezänk. Der als Playboy verrufene neue König machte sich bald einen Namen als Modernisierer des noch in beduinischen Strukturen steckenden Königreiches. Die bescheidene Summe von einer Billion Dollar soll er in die Infrastruktur und vor allem den kostspieligen Aufbau seiner Armee gesteckt haben. Politisch jonglierte er ständig zwischen den Interessen einer aufstrebenden westlich gebildeten Mittelklasse mit ihrem Ruf nach politischer Reform und den konservativen religiösen Kräften, denen schon die kleinste Öffnung des Landes zu weit ging. Zwar standen dem westlich gebildeten Fahd die ersteren gesellschaftlich näher, doch mit ihrem Ruf nach Einschränkung der absoluten Macht der Königsfamilie konnte er sich kaum anfreunden. Das andere Extrem, die religiösen Eiferer, waren ihm stets ein Gräuel.

Von Demokratie hielt er gar nichts, auch wenn er hie und da kleinen kosmetischen Reformen zustimmte. Fahd stellte stets sicher, dass wichtige Entscheidungen ausschließlich im Kreise der Königsfamilie getroffen werden. Die wahrscheinlich wichtigste Entscheidung soll er allerdings ohne den Konsens der engeren Familie gefällt haben: die Zustimmung zur Stationierung einer halben Million amerikanischer Soldaten auf dem Territorium des Königreiches kurz vor dem Golfkrieg 1990. Die Anwesenheit ausländischer Truppen in dem für Muslime wichtigen Land der heiligen Stätten Mekka und Medina sorgt bis heute für ständige innenpolitische Unruhe und war einer der Hauptgründe für den Aufstieg Ussama Bin Ladens. KARIM EL-GAWHARY