Tödlicher Crash im Nebel

Bei einem Hubschrauberabsturz auf dem Rückflug aus Uganda ist Sudans Rebellenführer John Garang ums Leben gekommen

von DOMINIC JOHNSON

Afrikas dienstältester Rebellenchef ist tot. John Garang, Führer der Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) im Südsudan und seit kurzem Vizepräsident des Sudan, starb am Samstagabend, als sein Hubschrauber im Südsudan an einem Berg zerschellte. Dies bestätigten Sudans Regierung und die SPLA gestern, nachdem die Leichen Garangs sowie sechs weiterer Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder gefunden worden waren.

Sofort nach Bekanntwerden der Nachricht brachen in mehreren Städten Sudans blutige Unruhen aus. Wütende Südsudanesen gingen in der Hauptstadt Khartum zu tausenden auf die Straße und griffen Araber an. Es gab mehrere Tote, die Armee rückte aus. Gegen Araber gerichtete Plünderungen und Brandschatzungen gab es auch in Südsudans größter Stadt Juba.

Der Vizepräsident und langjährige Militärführer der SPLA, Silva Kiir Mayardit, beorderte die Führung der Bewegung zu einem Sondergipfel in das SPLA-Buschhauptquartier New Site und etablierte sich damit als vorläufiger neuer Chef. In einer ersten Erklärung verkündete Silva Kiir, er werde die „Vision und Ziele“ seines Vorgängers fortsetzen und den mit Sudans Regierung geschlossenen Friedensvertrag „treu umzusetzen versuchen“.

Die SPLA kämpfte seit 1983 unter John Garang für mehr Selbstbestimmung für den nichtarabischen Süden des Sudan. Im Januar 2005 unterzeichnete die SPLA mit Sudans Regierung ein Friedensabkommen. Darin wird Südsudan autonom unter Führung der SPLA, die zugleich in die Regierung ganz Sudans einzieht. Nach sechs Jahren können die Menschen Südsudans über die Unabhängigkeit entscheiden. Das Abkommen beendete Afrikas längsten Krieg mit zwei Millionen Toten.

Die meisten Südsudanesen gehen davon aus, dass Garangs Tod kein Unfall ist. Beweise für ein Attentat gibt es bislang allerdings nicht. Als er verunglückte, befand sich der SPLA-Chef auf der Rückreise von Gesprächen in Uganda. Er reiste in einem Hubschrauber des ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni und verließ Uganda am späten Samstagnachmittag, so dass er erst in der Dunkelheit über sudanesischem Gebiet eintraf. Starke Winde und Regen über bergigem Terrain erschwerten den Anflug auf New Site, so dass der Hubschrauber wieder abdrehte. Er zerschellte bei Kidepo nahe dem Länderdreieck Sudan–Uganda–Kenia.

Für Misstrauen sorgte jedoch, dass Sudans Regierung am Sonntagabend extra das reguläre Fernsehprogramm unterbrach, um Garangs sichere Ankunft zu melden. Zu dieser Zeit suchten ugandische, sudanesische und kenianische Soldaten bereits nach dem als vermisst gemeldeten Hubschrauber. Ugandas Regierung bestätigte in der Nacht zum Montag die Suche, aber Sudans Regierung dementierte zunächst. Am frühen Morgen waren die Sucher erfolgreich.

Eine mögliche Spur könnte in Richtung der nordugandischen Rebellenbewegung LRA (Lord’s Resistance Army) deuten. Die LRA, die durch die Entführung zehntausender Kinder im Norden Ugandas in Verruf geraten ist, wurde jahrelang von Sudans Regierung unterstützt und hat Rückzugsbasen in dem Absturzgebiet. In Uganda hatte Garang erklärt, die SPLA werde jetzt die LRA endgültig verjagen. Die LRA ist technisch zu Hubschrauberabschüssen in der Lage, und selbst wenn sie nichts von Garangs Reiseroute wusste, wäre ein gut markierter ugandischer Militärhubschrauber im Tiefflug über ihren Basen ein verlockendes Ziel für sie.