Maßnahmenpaket in Berlin: Extreme Polizisten erkennen

Mit einem 11-Punkte-Plan soll dem Extremismus innerhalb der Polizei begegnet werden. Auch eine Studie zu Einstellungen von Polizisten ist geplant.

Polizist vor Deutschlandfahne

Wo fängt Extremismus an? Foto: dpa

BERLIN taz | Berlin will seine Anstrengungen gegen Extremist*innen innerhalb der Polizei verstärken. Mit einem 11-Punkte-Plan, den Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Mittwoch vorstellten, sollen etwaige Verfassungsfeinde schon vor der Einstellung, aber auch während ihrer Berufsausübung erkannt werden. Dies diene, so Geisel, in allererster Linie der Polizei selbst: Sie müsse vor „pauschalen Verdächtigungen“ und dem „Vertrauensverlust“, den jeder Einzelfall auslöse, geschützt werden.

Trotz des Eindrucks der letzten Monate, dass ein kritischer Diskurs über die Polizei von großen Teilen der Politik und den Innensenatoren nicht gewünscht ist, widersprach Geisel einem Berliner Sonderweg. Auf eine bessere Bekämpfung von Extremist*innen in der Polizei habe sich die Innenministerkonferenz im Dezember geeinigt; Konzepte dafür seien auch in anderen Bundesländern, etwa in Nordrhein-Westfalen, schon vorgelegt. Auch gebe es keinen Dissens mit Horst Seehofer, der zuletzt eine Studie über Racial Profiling abblockte.

Ebenso verwahrte sich Geisel gegen die Beschreibung eines womöglich größeren Problems mit vor allem rechtsextremistischen Tendenzen innerhalb der Polizei. So habe es seit 2017 lediglich 33 Verfahren gegen Beamt*innen gegeben – bei insgesamt 25.000 Polizist*innen –, nur 4 wurden mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geführt. Laut Geisel stünden „99,99 Prozent“ der Polizist*innen fest auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Er sagte aber auch: „Jeder Einzelfall ist einer zu viel.“

Kein Radikalenerlass

Künftig sollen beim Verfassungsschutz mögliche Erkenntnisse über Bewerber*innen für den Polizeidienst abgefragt werden. Ein entsprechendes Gesetz solle noch dieses Jahr auf den Weg gebracht werden. Die Abfragen könnten, so Geisel, nach 10 oder 15 Jahren oder bei Beförderungen wiederholt werden. Eine Parallele zum Radikalenerlass von 1972, nach dem alle Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst auf ihre Verfassungstreue geprüft wurden, wollte Geisel auf taz-Nachfrage nicht sehen.

Der Verfassungsschutz soll auch als Beratungsinstanz etwa für Dienststellenleiter dienen, die einen Verdacht gegen Kolleg*innen hegen. Ausgeweitet werden soll ein anonymes Hinweisgebersystem, das bislang nur für den Bereich der Korruptionsbekämpfung eingesetzt wird, über das künftig aber extremistische Tendenzen gemeldet werden sollen. Im Bereich der Prävention soll die politische Aus- und Fortbildung weiter verbessert werden. Ebenso soll Polizist*innen, die in „hoch belasteten Einsatzgebieten“ womöglich negative Prägungen erhalten, vermehrt die Möglichkeit gegeben werden, ihr Einsatzumfeld zu verändern.

Schon in den nächsten Wochen soll die Stelle eines Extremismusbeauftragten innerhalb der Polizei geschaffen werden: eine Person, die als Ansprechpartner*in insbesondere für Führungskräfte und die Behördenleitung dient, den aktuellen Wissensstand im Blick hat und auch nach außen kommuniziert. Die durch alle Maßnahmen gewonnenen Erkenntnisse sollen in einem internen Lagebericht regelmäßig der Innenverwaltung vorgelegt werden.

Studie über Polizisten

Das Ziel der Maßnahmen sei es, so Slowik, „die Widerstandskraft der Polizei gegenüber möglichen rechtsextremistischen Tendenzen zu stärken“. Damit ist auch klar: Wegen linksextremistischer oder islamistischer Tendenzen gibt es diese Maßnahmen nicht.

Aufschlüsse über Werte und Einstellungen der Polizist*innen soll ein Berliner Polizei-Monitor geben, eine repräsentative Umfrage, die alle zwei bis drei Jahre von wissenschaftlicher Seite durchgeführt und auch veröffentlicht werden soll.

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