Bienen in Indien unter Stress: Feinstaub macht Honigbienen krank

Luftverschmutzung in Indiens Städten schadet nicht nur Menschen, sondern auch Insekten. Das haben BiologInnen herausgefunden.

Riesenhonigbienen

Riesenhonigbienen: Arbeiterinnen haben einen bernsteinfarbenen Hinterleib, die Königin ist schwarz Foto: elephantcorridorfilms

MUMBAI taz | Auch wenn die Luft in Indiens Megastädten seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie sauberer geworden ist – die summenden Bewohnerinnen wie die Riesenhonigbiene Apis dorsata leiden weiter unter der Belastung. Das belegt eine neue Studie von WissenschafterInnen des National Centre for Biological Sciences am Tata-Institut Bangalore. Sie untersuchten mehr als 1.800 Bienen an vier Orten der Metropole mit unterschiedlicher Luftschadstoffbelastung. Forschungsleiterin Shannon Olsson hat die gesammelten Bienen teilweise in einem bedauernswerten Zustand gefunden: „Sie erinnern an Kriegsgebiete, als wäre eine Bombe explodiert, die sie mit dunklen Partikeln überdeckt haben“, sagt sie der taz.

Erste besorgniserregende Funde hatte es bereits 2016 gegeben. Damals ging Olssons Team der Frage nach, warum die Zahl von blütenbestäubenden Insekten in der Stadt weniger wurde. 

Dass Luftverschmutzung Organismen zusetzt, ist nicht neu. Beim Menschen können ultrafeine Staubpartikel bis in den Blutkreislauf eindringen.

Die Forscher dokumentierten wie massiv die Auswirkungen auf Insekten sind: Schon bei einem laut WHO „mittleren“ Luftverschmutzungswert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter kann das für Bienen gravierende Folgen haben. 80 Prozent der in Bangalore gesammelten heimischen Hautflügler, einem der wichtigsten Bestäuber in Südasien, starben trotz Fütterung nach einem Tag.

Bienen aus einem Industriegebiet der Stadt waren in besonders schlechter Verfassung und mit Schwermetallen wie Arsen, Blei oder Wolfram vergiftet. „Die Ursache dafür ist sehr wahrscheinlich auf Emissionen von Kraftfahrzeugen und Luftverunreinigungen durch Industrieanlagen zurückzuführen“, sagt Olssons Mitarbeiterin Geetha Thimmegowda, die Bienen von innen und außen untersucht hat.

Erhöhte Sterberate

Dabei stellte sie die Beeinträchtigung vieler Körperfunktionen wie Atmung und Immunreaktionen fest. Außerdem eine verstärkte Aktivität von Stressgenen sowie eine erhöhte Sterberate. Mit zusätzlichen Untersuchungen an Fruchtfliegen bestätigte die Biologin ihren Verdacht, dass auch andere Insekten an Feinstaub leiden. „Das Ergebnis war für mich schockierend“, sagt Thimmegowda, da Bangalore im Vergleich zu anderen Städten in Indien weniger verschmutz gilt.

„Die Riesenhonigbiene ist nicht nur ein gewöhnlicher Stadtbewohner, sie ist eine wichtige Art“, erklärt Thimmegowda. Sie fällt besonders durch ihre Größe auf. Diese Bienen sind unverzichtbar für die Produktion von Obst, Gemüse oder Hülsenfrüchten. Ihre Bedeutung wird klar, wenn man sich vor Augen führt, dass Indien der weltgrößte Produzent von Obst und der zweitgrößte von Gemüse ist. Die Riesenhonigbiene bestäubt etwa 700 verschiedene Pflanzen und produziert einen Großteil des indischen Honigs.

Imker Amit Godse aus Pune ist wenig überrascht von der Studie. Man wisse bereits, dass Staubpartikel auf die Bienenstöcke geraten. Welchen Unterschied dagegen weniger Luftverschmutzung macht, sieht er gerade bei seinen Bienen. „Während der Ausgangsbeschränkungen sind neue Bienenvölker entstanden“, sagt er. Was der Population geholfen hat, ist, dass zuletzt weniger wilde Bienenstöcke entfernt wurden.“ Doch das alleine wird bei der anhaltenden Luftverschmutzung weder den Bienen in Indien noch Europa helfen.

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