Sender macht sich auf die Suche nach jungen Leuten

RBB Die meisten Zuschauer sind weit über 50. Jetzt will sich der Sender möglichst schnell verjüngen

Verpackt wird das Ganze mit dem neuwertigen Spruch „Das volle Programm“

Von hier oben im Hochhaus an der Masurenallee, vom 14. Stock aus, können die Macher des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) ein recht großes Stücks ihres Sendegebiets sehen. Das Problem: Man sieht die Menschen da unten kaum. Und noch problematischer: Die Menschen da unten sehen den RBB kaum.

Nur noch 6,1 Prozent seiner Fernsehzeit verbrachte das Publikum 2011 vor ihrem dritten Programm. 2010 waren es immerhin noch 6,8 Prozent gewesen. „Als es uns so schlecht ging“, wie Programmdirektorin Claudia Nothelle die Gefühlslage während des Quotentiefs beschreibt, begaben sich die RBB-Verantwortlichen dann doch mal nach unten. Sie fragten nach, was die Berliner und Brandenburger eigentlich wollen, wie sie das RBB-Fernsehen so finden und wer den Sender noch guckt.

Die Ergebnisse in Kürze: Das RBB-Publikum ist alt. Zwei Drittel der Zuschauer sind 50 Jahre oder älter. Die RBB-Stammzuschauer finden das Programm informativ, bürgernah und aktuell. Schlecht finden sie, dass sie weder Überraschendes noch Witziges finden. Wer RBB nicht guckt, macht das, weil er den Sender altbacken findet. Das Ganze fasst Nothelle aus der Sicht des Fernsehpublikums so zusammen: „Gut, dass es den RBB gibt, wenn es sein muss, schalten wir den auch ein.“ Klingt bitter.

Deswegen werden ab 13. August das (Abend-)Programm und die Verpackung reformiert. Wie das neue Schema und die neuen Werbesprüche und Trailer aussehen sollen, stellte Nothelle mit ihrem Kollegen aus der Programmdirektion, Stephan Abarbanell, und Comedian Michael Kessler am Donnerstag vor. Wieder oben, im 14. Stock.

„Tatort“-Wiederholungen

Der Montag wird zum Krimitag mit einer „Tatort“- und einer „Polizeiruf 110“-Wiederholung. Dienstags wird diskutiert und dokumentiert. Mittwochs, wenn die meisten Arztpraxen geschlossen haben, ersetzt der RBB den Doktor und bietet erst „Service Regional“ (wo es bestimmt auch um Gesundheit gehen wird), dann was zum Schimpfen („was!“ oder „Klartext“) und anschließend etwas zum Einschlummern (Spielfilm ab 22.45 Uhr). Den Anfang auf dem „Service Regional“-Platz macht der „Berlin-Brandenburg Check“, wo Bewohner ihre Region oder ihren Kiez bewerten. Vorbild: der „Markencheck“ im Ersten.

Donnerstags kommt nach „RBB Aktuell“ (21.45 Uhr) „Stilbruch“. O-Ton Nothelle dazu: „Sogar wer sich für Kultur interessiert, kennt unser Kulturmagazin ‚Stilbruch‘ nicht.“ Anschließend folgt „Innovation Regional“. Dort startet ab 15. August Radiomoderator Chris Guse mit seiner Late-Night-Show „GuseBerlin“. Weil der in der Sendung so viel Verrücktes vorhat, liest Nothelle das lieber vor. Weil es aber gar nicht so verrückt ist, ungefragt im Bundestag aufzutauchen, wird an dieser Stelle auf eine Wiedergabe verzichtet.

Am Freitag folgt dann „regionale Unterhaltung“ („Kesslers Expedition“, deswegen saß der also da) und „Gutes von gestern“, was wenig Überraschendes verheißt. Verpackt wird das Ganze mit dem neuwertigen Spruch „Das volle Programm“. Außerdem solle die gesamte Kommunikation nach außen „klar, umgangssprachlich, schnörkellos“ sein, sagte Abarbanell. Es würde auf Gefühle gesetzt. Um das zu zeigen, hatte der RBB Postkarten ausgelegt. Auf denen steht vorne „Das volle Programm Durchblick“ oder „Das volle Programm Begeisterung“. Und auf der Rückseite „ist so ein QR-Dings drauf“, sagte Abarbanell. Für die jungen Leute. JÜRN KRUSE