Tag der Deutschen Einheit in Potsdam: Nix zu feiern, auch nach 30 Jahren

Das offizielle Programm zum Tag der Deutschen Einheit reicht allein für Gegenprotest. Die Initiative Re:Kapitulation hat aber noch viel mehr Gründe.

Banner "Kein Tag für die Nation. Kein Tag für Deutschland."

Demonstration gegen den Tag der Deutschen Einheit 2011 in Bonn

BERLIN taz | Linke Initiativen nehmen den Tag der Deutschen Einheit alljährlich zum Anlass, um ihre Kritik am Staat, dem deutschen Nationalismus und sozialer Ungerechtigkeit zu pointieren. Demonstrationen, häufig durch eher antideutsch orientierte Gruppen getragen, zogen wie eine Karawane durchs Land, stets in die Landeshauptstadt, die – aufgrund des Vorsitzes im Bundesrat – auch die zentralen Feierlichkeiten ausrichtet. Diesmal ist Potsdam der Ort des Geschehens.

Zum 30. Jahrestag der Vereinigung – linke Kritiker*innen sprechen auch vom Anschluss der DDR an die BRD – verzichtet das offizielle Programm auf Bürgerfest mit Fressbuden aller Bundesländer, Ständen von Parteien und Bundeswehr und massenkompatiblen Musikacts.

Stattdessen ist in Brandenburgs Landeshauptstadt seit Anfang September eine dezentrale Ausstellung zu sehen, die auch den Rohbau der Nazi-Garnisonkirche mit einbezieht. Gekrönt wird das coronabedingt abgespeckte Spektakelchen mit einem ökumenischen Gottesdienst und einem staatlichen Festakt am 3. Oktober, moderiert vom Potsdamer Großgrundbesitzer Günther Jauch.

Nicht, dass all das nicht bereits Grund genug wäre für eine linke Intervention: Die eigens ins Leben gerufene Protestinitiative Re:Kapitulation hat auf ihrer Website eine lange Liste politischer Ereignisse der vergangenen 30 Jahre aufgearbeitet, die die Kritik an diesem Land und seiner Politik untermauern: von der Reform des Abtreibungsparagrafen im Jahr 1992, der die Rechte, die ostdeutsche Frauen bis dahin genossen hatten, einschränkte, über rassistische Morde und Pogrome, den Kosovokrieg bis zu Hartz IV.

„Für uns ist klar, es gibt hier nichts zu feiern! Ganz im Gegenteil: Der nationale Taumel kaschiert die Hässlichkeit, mit der uns die Nation seit jeher gegenübertritt“, heißt es in dem Aufruf der Initiative aus Einzelpersonen, die – ebenfalls aufgrund von Corona – auf eine große Mobilisierung verzichtet hat.

Bei einer vom Konkret-Magazin unterstützten Veranstaltung am Freitagabend werden unter anderem Jutta Ditfurth und Thomas Ebermann auf 30 gesamtdeutsche Jahre zurückschauen. Ebermann, einer der Mitbegründer des „Nie wieder Deutschland“-Bündnisses, das 1990 gegen die Wiedervereinigung mobilisierte, wird am Samstag zudem analysieren, ob sich linke Prognosen von damals bewahrheitet haben. Protestiert wird selbstverständlich auch noch: am Samstag, ab 11 Uhr im Potsdamer Lustgarten.

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