Komödie „Monsieur Killerstyle“ auf DVD: Es kann nur eine Jacke geben

In Quentin Dupieuxs Film „Monsieur Killerstyle“ entwickelt ein Mann eine Obsession für Wildleder. Die reale Welt wird darüber zum Fremdkörper.

Ein Mann in Wildlederjacke hält einer Frau eine Digitalkamera hin.

Ein Amateurfilmer (Jean Dujardin) und seine Produzentin (Adèle Haenel) und viel Irrsinn Foto: Koch Films

Ein Mann, eine Kamera, eine Wildlederjacke. Daraus entfaltet sich in Quentin Dupieuxs neuestem Film „Monsieur Killerstyle“ eine Geschichte, sie unwahrscheinlich zu nennen wäre stark untertrieben. Der Mann, er heißt Georges (Jean Dujardin), kauft für sehr viel Geld eine Hirschleder-Jacke. Er hat im Internet eine Anzeige gesehen, der Verkäufer, ein alter Herr, gibt ihm als Bonus eine Digitalkamera, die er übrig hat, noch oben drauf. Im Original heißt der Film „Le Daim“, auf Deutsch schlicht: Hirschleder, und viel mehr als dieses Wort und den Mann hatte Dupieux zu Beginn vermutlich auch nicht.

Dann hat sich der Autor und Regisseur – in einem parallelen Leben als Mr Oizo auch noch ein erfolgreicher Musiker – der bizarren Eigenlogik seiner Fantasie überlassen, die aus dem Ausgangsmaterial eine bizarre Geschichte entwickelt. Sie beginnt harmlos und endet im Splatter. Eins führt zum andern, ohne dass von einem Schritt in den Abgrund zum nächsten absehbar wäre, wohin die Reise geht.

Georges kommt in einen abgelegenen Ort, mietet sich gleich mal für einen Monat in einem Hotel ein, hinterlegt seinen Ehering als Pfand, denn Geld hat er nach dem Kauf der Jacke nun keines mehr.

Der Ehering, der dann noch weitere Auftritte hat, ist das Einzige, was wir als Andeutung einer Vorgeschichte haben: Georges hat sich vermutlich getrennt. Er fängt jetzt neu an. Mehr als eine Andeutung ist das nicht, aber selbst das ist für die innere Logik des Films fast schon zu viel. Zu viel an möglicher Erklärung, zu viel an Psychologie, denn eigentlich vertrauen Dupieuxs Filme im besten Fall ganz auf das selbst hervorgebrachte Spielmaterial.

„Monsieur Killerstyle“ (F 2019, Regie: Quentin Dupieux). Die DVD ist ab rund 13 Euro im Handel erhältlich.

Was passiert, ist konsistent, aber nur in der vom Film selbst geschaffenen Welt. Ein Autoreifen als Protagonist („Rubber“): So sei es. Der Polizist hat statt des linken Auges eine digital ausradierte verschwommene Fläche („Die Wache“): Je nun. Aus der realen Welt vertraute Motivierungen müssen da jedoch zu Fremdkörpern werden.

„Pulp Fiction“ ist langweilig

Die Wildlederjacke wird für Georges zur fixen Idee. Er beginnt mit ihr zu sprechen. Sie antwortet ihm, Dupieux nimmt bei diesen Dialogen manchmal die Jacke selbst in den Fokus, lässt Georges (aus dessen Mund die Worte der Jacke dabei kommen) in die Unschärfe gleiten. Nicht nur Georges, sondern auch der Film selbst wird also verrückt.

Die fixe Idee: Niemand als er darf eine Jacke tragen, Wildleder oder nicht. Eine weitere Figur wird eingeführt: Denise, Kellnerin in der stets leeren Kneipe (sieht man von einer Prostituierten ab, die hier manchmal auf Kundschaft lauert), gespielt von Adèle Haenel.

Georges dreht mit der Kamera, die er zur Jacke bekam, kleine Filme. Die Kassetten gibt er Denise, was man sieht, ist ausgesprochen amateurhaft, aber sie ist begeistert. Der Zufall, der mit Figur und Plot hier umspringen darf, will es, dass ihre wahre Leidenschaft der Filmschnitt ist. Einmal hat sie, sagt sie, aus Spaß „Pulp Fiction“ umgeschnitten und die Chronologie in die richtige Ordnung gebracht. War dann ein todlangweiliger Film, stellt sie fest.

Es gelingt Georges, der kein Geld hat, Denise auch als Produzentin für den Film, den er angeblich dreht, zu gewinnen. Zum Glück gibt es im Dorf einen Geldautomaten.

Bis hierhin war alles absurd, nun dreht es ab, endet mit Deckenventilatormassaker und Jackenmassengrab. Blut, viel Blut. Die Schnittmeisterin und Produzentin Denise kriegt nicht genug. Ein Mann, eine Jacke, eine Kamera. Und eine Produzentin. So was kommt von so was. Aber nur bei Quentin Dupieux. Der hat schon komplexere Filme gedreht, den Stoff, den seine Fans brauchen, bietet „Monsieur Killerstyle“ aber auch.

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