Auf dem Weg nach oben

Man könnte meinen, Philippe Jordan hätte seinen Weg per direttissima von Papa Armins Frackzipfel zum DirigentInnengipfel des grünen Hügels in Bayreuth genommen. Wie sonst sollte der Schweizer Dirigent mit seinen jungen 37 Jahren bereits erreicht haben, was seinem Vater Armin Jordan, einst Chefdirigent des Züricher Opernhauses, und vielen anderen DirigentInnengrößen bis ins hohe Alter verwehrt blieb? Sohn Philippe gelang es, trotz Umwegen und einer Taktik der Verweigerung, binnen kürzester Zeit an sein Ziel zu gelangen. Seiner vorgezeichneten Karriere in der Schweiz wich er aus, um sich auch „einen Vornamen zu machen“, wie er der Zürcher Zeitung Der Bund sagte. Er ging nach Deutschland.

2005 verweigerte er sich den Salzburger Festspielen, das Chefdirigat im Züricher Opernhaus lehnte er ab. Und letztendlich hat’s ja auch was gebracht: Bereits seit drei Jahren ist er Musikdirektor der Opéra national de Paris, 2014 wird er Chefdirigent der Wiener Symphoniker, morgen gibt er mit „Parsifal“ sein Debüt in Bayreuth. Damit hätte er den MusikerInnen-Olymp wohl erklommen. Danach geht es geradewegs in Richtung Erlösung, denn „nach Bayreuth ist man ein anderer Dirigent“, verrät er in einem Interview.

Im Zusammenhang mit Richard Wagners Bühnenweihfestspiel würde das auch niemanden verwundern, obwohl Jordan ansonsten bestrebt ist, die zu religiöser Selbstüberhöhung neigende klassische Musikszene, zwecks Zugänglichkeit, auf den Boden der Tatsachen zu holen. Musik sollte nicht Religion sein, sondern Spaß machen, meint er in einem Interview im Videoportal der NY Philharmonics. Im Gegensatz dazu steht Richard Wagners Aussage: „Da, wo die Religion künstlich wird, ist es der Kunst vorbehalten, den Kern der Religion zu retten.“

Nun wäre Jordan bestimmt nicht der Erste, der mit der Ideologie Wagners in Konflikt gerät, die Leidenschaft für Wagners Musik überwiegt aber auch bei ihm. Obwohl er im Moment wunschlos glücklich zu sein scheint, ist „Tristan und Isolde“ als nächste Bergbesteigung geplant. Es gibt offensichtlich doch ein Leben nach Bayreuth.

LAURA WÖSCH