Quote für Menschen mit Migrationsgeschichte: Dringend gebraucht

Der Vorstoß der linken Berliner Sozialsenatorin, 35 Prozent in der Verwaltung für Personen mit Migrationsgeschichte zu besetzen, ist überfällig.

Elke Breitenbach hält ein Mikrofon

Die linke Sozialsenatorin Elke Breitenbach schlägt eine Migrationsquote im öffentlichen Dienst vor Foto: Britta Pedersen/dpa

Wer in Deutschland Quote sagt, kann mit prompten Einwänden rechnen. Das zeigt der jahrzehntelange Versuch, das Gleichstellungsgebot zwischen Mann und Frau aus dem Grundgesetz Wirklichkeit werden zu lassen. Und das zeigt sich bei dem aktuellen Vorstoß der linken berliner Sozialsenatorin, 35 Prozent in der öffentlichen Verwaltung für Personen mit Migrationshintergrund zu besetzen – also in etwa der Anteil der Berliner mit Einwanderungsgeschichte.

In beiden Fällen lautet die Antwort gerne: richtiges Ziel, falscher Weg. So reagiert selbst der eigene Koalitionspartner SPD auf den Gesetzesentwurf zur Berliner „Migrantenquote“. Und so hören es die Be­für­wor­te­r:in­nen der Frauenquote seit vielen Jahren. Übrigens auch von Politikern, die sich im Jahr 2021 selbst Kanzlertauglichkeit attestieren.

Was die Kri­ti­ke­r:in­nen der Quote jedoch verschweigen: was der „richtige“ Weg sein soll, um den Anteil von Frauen oder in dem Fall Menschen mit Migrationshintergrund in entsprechenden Ämtern oder Berufen zu erhöhen. Der Berliner Vorstoß ist ja die Lehre daraus, dass wohl klingende Zielvorgaben und Appelle an die entsprechenden Behörden alleine nicht ausreichen.

Auch zehn Jahre nach Einführung des Integrations- und Partizipationsgesetzes ist es dem Senat nicht gelungen, die ungleiche Verteilung in der öffentlichen Verwaltung zu beheben (von einigen Ausnahmen wie der Polizei abgesehen). Der Anteil an Mit­ar­bei­te­r:in­nen mit Migrationshintergrund liegt immer noch bei ungefähr 12 Prozent – so niedrig liegt der Wert übrigens auch bei Bundesbehörden. Ganz klar: Eine Quote, die die Vielfalt der Gesellschaft tatsächlich abbildet, ist überfällig.

Auch für den Fall, dass juristische Einwände – Stichwort: positive Diskriminierung – solche Quotenregeln verzögern oder sogar ganz stoppen. Denn dann müssen sich Po­li­ti­ke­r:in­nen fragen, wie sie sonst die Chancengleichheit unterrepräsentierter Gruppen gewährleisten. Und zwar nicht nur auf dem Papier. Und sie können bei sich selbst beginnen: Im Bundestag liegt der Anteil der Abgeordneten mit Migrationshintergrund bei: acht Prozent.

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Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.

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