Debatte über Gemeinnützigkeit: Vor den Karren der AfD gespannt

Die Hamburger Finanzbehörde sollte nicht blind dem Verfassungsschutz folgen, wenn sie über Gemeinnützigkeit entscheidet. Denn das nützt den Rechten.

Ein altes, aufgeschlagenes Buch mit dem Titel "Das Kapital"

Danger, Warning! Die Kapital-Lektüre ist aus Sicht des Verfassungsschutzes gefährlich Foto: Georg Wendt/dpa

HAMBURG taz | Die Aberkennung der Gemeinnützigkeit linker Organisationen durch die Finanzbehörde wirkt wie ein billiger Trick, um eine unliebsame Gegenkultur finanziell auszutrocknen. Vielleicht ist dieser Schluss aber etwas übereilt, denn es ist schwer zu sagen, warum der Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) da überhaupt Ambitionen haben sollte – es ist ja gar kein Wahlkampf. Wahrscheinlicher ist, dass die Behörde sich vor den Karren der Rechten spannen lässt und es nicht mal merkt.

Zur gesellschaftlichen Rechten muss man leider auch den Verfassungsschutz zählen, Ob­ser­va­teu­r*in und Objekt der Observation sind beim Verfassungsschutz ja schwer zu trennen – jedenfalls wenn es um rechte Strukturen geht. Nach links verläuft die Grenze zur Feindin hingegen scharf.

Dass das Hamburger Landesamt die Marxistische Abendschule beobachtet, zeigt schon, welches Weltbild bei der Behörde vorherrscht. Wer die Lektüre des Wirtschaftsphilosophen und die Auseinandersetzung mit linker Gesellschaftskritik als verfassungsgefährdend begreift, muss ein ziemlich starres Weltbild haben. Was wenig überraschend ist für eine Behörde, die eine zehnfache rechtsterroristische Mordserie jahrelang übersehen hat.

Bitte nicht auf die unseriöse Behörde verlassen

Die Finanzbehörde macht es sich einfach, indem sie sagt, die Rechtslage sei nun mal so, dass nicht gemeinnützig sein könne, wer im Verfassungsschutzbericht auftauche. Nach allen Pannen, die sich der Verfassungsschutz erlaubt hat, inklusive eines jahrelangen Vorsitzenden Hans-Georg Maaßen, sollte sie schon etwas mehr Rückgrat zeigen und nicht blind den Einschätzungen dieser unseriösesten aller Behörden folgen.

Wer kritische Bildung stärken will und an einer informierten pluralen Gesellschaft interessiert ist, müsste doch kurz nachdenken, bevor er einem ehrenamtlich organisierten Marx-Lesekreis finanzielle Nachteile aufbürdet. Wahrscheinlich greifen da in der SPD-geführten Finanzbehörde aber auch antikommunistische Reflexe. Die AfD dürfte das ziemlich freuen.

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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