Hamburgerinnen im DFB-Pokal: Beinahe gefährlich

Die Spielerinnen vom Walddörfer SV wurden im Achtelfinale des DFB-Pokals mit 0:13 von Bayern München geschlagen. Trotzdem ist niemand enttäuscht.

EIne Spielerin von Bayern München springt hoch und köpft den Ball. Die Walddörferinnen stehen drumherum

Höher, schneller, besser: Die Walddörferinnen hatten gegen Bayern keine Chance Foto: Hanno Bode/imago

HAMBURG taz | In der 75. Minute passiert es doch noch. Benita Thiel, Spielerin des Walddörfer SV mit der Rückennummer 4, läuft auf eine Abwehrspielerin von Bayern München zu, verliert beinahe den Ball, schafft es irgendwie ihn noch zu kontrollieren – und schießt aufs Tor. Nicht ins Tor. Aber es ist der erste Torschuss der Regionalligistin in diesem Achtelfinale im DFB-Pokal und der Jubel von der Seitenlinie dementsprechend groß.

„Weiter Benita. Sehr gut“, rufen die wenigen Unterstützer*innen, die trotz der strengen Pandemievorgaben hier sein dürfen.

Allerdings: Für die Münchner Torhüterin Maria-Luisa Grohs ist der stramme Schuss aus knapp 20 Metern kein Problem. Und es steht zu diesem Zeitpunkt auch schon 11:0 für das derzeit beste Frauenteam Deutschlands – und, wie die Walddörfer Torhüterin Moana Michelsen nach dem Spiel sagt, „vielleicht sogar der Welt“. Es sollen noch zwei Tore folgen, Endergebnis 13:0.

Für die Spielerinnen des Walddörfer SV ist es ein wohl einmaliges Ereignis, in einem Pflichtspiel gegen Bayern München anzutreten. München hat in dieser Bundesligasaison überhaupt erst ein Gegentor bekommen, insofern wäre ein Tor für den WSV allein schon eine Sensation gewesen. So musste man sich mit am Ende drei Torschüssen begnügen, die alle nicht wirklich gefährlich waren.

Ein Klassenunterschied. Die Voraussetzungen der Teams sind allerdings auch gänzlich unterschiedlich: Während für Bayern München elf Profis auf dem Platz stehen, spielen auf Seiten der Walddörferinnen unter anderem drei Polizistinnen, einige Studentinnen, zwei Schülerinnen und eine angehende Physiotherapeutin.

Ein Döner für jeden Schuss

Und während die Profis mit solchen Partien ihr Geld verdienen, geht es bei den Walddörferinnen um die Ehre und irendwie auch um Naturalien: Marie Fröhlich, die am Rande des Platzes alle ausgewechselten Walddörferinnen wie Stars fotografiert, war bis vergangenen Oktober Kapitänin der Truppe. Dann zog sie fürs Studium nach Göteborg. Sie habe ihren ehemaligen Mitspielerinnen vor dem Spiel „für jeden Schuss aufs Tor einen Döner“ versprochen. Macht in Summe nun drei.

Fans durften wegen der Pandemie nicht auf den Platz. Sie konnten das Spiel allerdings bequem von zuhause aus gucken. Ein solch großes mediales Interesse wie am vergangenen Samstag hat der Walddörfer SV in seiner Geschichte noch nicht erlebt. Kamerateams sind da, Fo­to­gra­f*in­nen und Journalist*innen. Daneben stehen einige WSV-Funktionäre und neben Fröhlich weitere ehemalige Spielerinnen. Immer mal wieder schauen auch Menschen, die durch den schneebedeckten Hamburger Volkspark in Altona spazieren, durch den Zaun.

Auf dem Spielfeld liegt kein Schnee. Die Rasenheizung machte es möglich. Genau deshalb war das Spiel kurzfristig vom WSV-Stadion auf einen Kunstrasenplatz neben dem Volksparkstadion des Hamburger SV verlegt worden.

Jacqueline Bleser hat sich Wärmepflaster an die Füße geklebt, einen Stuhl mitgebracht und kommentiert die Spielzüge von der Seitenlinie. Bleser gehört zu den erfahrensten Spielerinnen des Walddörfer SV, pausiert aber gerade, weil sie schwanger ist. „Das war ein guter Zweikampf!“, ruft sie laut. Es sind die kleinen Dinge, die bei diesem Spiel zählen.

Und so sind nach dem Abpfiff trotz des überdeutlichen Ergebnisses alle irgendwie hoch erfreut. Die Münchnerinnen, weil sie nach der Pflichtaufgabe eine Runde weiter sind. Die Walddörferinnen, weil sie gekämpft, den ein oder anderen Zweikampf gewonnen und sogar mal eine Gegenspielerin ausgetrickst haben.

Ein paar Mal gelangte das Team gar in die gegnerische Hälfte und es hätte gefährlich werden können. Gerade in der zweiten Halbzeit, die nur 0:5 verloren ging, gab es zaghafte Ansätze von Angriffen auf das Münchner Tor. Einer davon resultierte immerhin in einer Ecke.

20 gehaltene Bälle

WSV-Trainer Niels Quante sagte nach Spielschluss: „Ich bin ziemlich zufrieden, was nach einem 0:13 bestimmt merkwürdig klingt.“ Er nutzte alle Einwechslungen aus und gab somit so vielen Spielerinnen wie möglich die Chance, sich gegen die Bayern zu behaupten. Torfrau Michelsen zum Beispiel parierte 20 Schüsse, wie ihr stolzer Torwarttrainer erzählte: „Ich habe es gezählt. Und mit nur 13 Gegentoren ist das doch eine positive Bilanz.“ Coach und Spielerin hatten vor dem Spiel abgemacht, sich auf das Positive zu besinnen.

Nur Bleser war am Ende ein wenig enttäuscht – nicht von ihrem Team, aber von den Profis aus München. Sie hatte auf ein 0:18 getippt. „Wenn ich Trainer bei Bayern wäre, müssten die Spielerinnen Strafrunden laufen.“

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