Werbespot der Berliner Polizei: So hip ist unsere Staatsgewalt

In einem neuen Werbespot präsentiert sich die Berliner Polizei als jung und progressiv. Das verstellt leider den Blick auf die Realität.

Eine Gruppe Polizist:innen bewegt sich in Richtung einer Hauswand voller Graffiti. Zu sehen sind die Rücken der Beamten, ein Polizist raucht, eine Wolke steigt über seinen Kopf hinweg. Das Bild ist in schwarz-weiß.

So cool wie ein Actionfilm mit Bruce Willis? Berliner Po­li­zis­t:in­nen Foto: Yohann LIBOT on Unsplash

Wann haben Sie das letzte Mal gesehen, wie die Polizei einer älteren Dame über die Straße hilft? Im neuen Werbefilm der Polizei gibt es dazu die Gelegenheit. „110 % Berlin“ heißt der Streifen – und zumindest die Produktion hat wohl tatsächlich 110 Prozent gegeben.

Denn mit dem Werbespot erhält nun auch die Staatsgewalt in Berlin, was von der BSR erfunden und durch die BVG perfektioniert wurde: eine hippe Werbekampagne, mit allem, was es dazu braucht: einem HipHop-Beat, einigen Drogenwitzen, der deutschen Synchronstimme von Bruce Willis. Sogar ein Joint wird kurz gezeigt. Dass die sich das wirklich trauen! Wie cool die Polizei doch ist!

Huch? Wo kam denn jetzt bloß dieser Gedanke her? Aus mir selbst? Oder ist er Resultat des geschickten Framings der Glow Communication GmbH, der Werbeagentur, der die Polizei dieses humoristische Meisterwerk verdankt?

Da Werbung oft versucht, Kon­su­men­t:in­nen hinters Licht zu führen, ist zunächst Vorsicht geboten. So ist in der zweiten Szene eine Gruppe von Be­am­t:in­nen in voller Montur zu sehen. Sie zeigen Handzeichen wie eine Straßengang. Anschließend wird mit einem Wasserwerfer geprahlt, als handle es sich um eine aufgemotzte Straßenkarre. Mich erinnert das an ein Plakat der Partei von Martin Sonneborn vor einigen Jahren, auf dem über dem Bild einiger Po­li­zis­t:in­nen getitelt wurde: „Bewaffnete Gangs verbieten!“

Problematische Imagepolierung

Schlussendlich geht es der Polizei aber nicht nur um Action, sondern darum, „Haltung“ zu zeigen. Man sei um das Schützen von Rechten bemüht. Und um Gleichberechtigung: Gleich zweimal wird Barbara Slowik präsentiert, als wolle man sagen: Seht! Eine Frau! Als Polizeipräsidentin! Wie progressiv ist das denn bitte?

Es geht also wohl auch darum, sich von gewissen Vorwürfen freizusprechen, die die Polizei mit einem antiquierten Gesellschaftsbild oder gar mit Rechtsextremen in Verbindung bringen. Also wird sogar über ACAB-Graffiti gelacht – verhaftet wird der Sprayer aber natürlich trotzdem.

Bei mir regte sich schon bei den BVG-Kampagnen der Verdacht, dass solche frech-lustigen Werbemaßnahmen die bestehenden Missstände legitimieren sollen. Stellt sich die Frage: Wenn dies beim öffentlichen Nahverkehr pro­ble­matisch ist, was bedeutet das im Kontext mit der Staatsgewalt? Die Polizei sagt, sie schütze auch jene, die sie „total doof“ finden. Das ist zwar schön zu hören, ganz beruhigend ist es aber nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schreibt seit 2020 für die taz über soziale Bewegungen, Arbeitskämpfe, Kapitalismus und mehr.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.