Protest im Dannenröder Wald: Harter Kern hält die Stellung

Be­set­ze­r*in­nen aus dem Dannenröder Wald protestieren auch nach Abschluss der Rodungssaison vor Ort. Der Ausbau der A49 ist in vollem Gang.

Der Pianist Igor Levit sitzt im Wald an einem schwarzen Klavier

Protest per Piano: Auch Musiker Igor Levit demonstrierte Ende 2020 im Dannenröder Wald Foto: Boris Roessler/dpa

HAMBURG taz | Nach der wohl lautesten und aktionsreichsten Rodungssaison in der Geschichte des Dannenröder Waldes in Hessen herrscht dort erst einmal Ruhe – zumindest, was den Lärm von Kettensägen und Harvestern angeht. Am Sonntag endete die Rodungssaison. Bis Oktober dürfen in Deutschland keine Waldflächen gerodet werden.

Der Bau der Autobahnstrecke zwischen Kassel und Gießen, den Ak­ti­vis­t*in­nen verhindern wollten, ist allerdings in vollem Gange. Deshalb sind Wald­schüt­ze­r*in­nen geblieben. In den vergangenen Wochen errichteten sie immer wieder Barrikaden im Maulbacher Wald und Herrenwald, um Rodungen und Bauarbeiten zu behindern. Auch die Bürgerinitaitive „Keine A49“, in der sich An­woh­ne­r*in­nen der umliegenden Dörfer engagieren, trifft sich noch regelmäßig.

Dabei haben die Ak­ti­vis­t*in­nen den Kampf um den „Danni“ schon Anfang Dezember verloren. Obwohl Hunderte Umweltschützer*in­nen die Bäume über ein Jahr lang besetzt hatten, wurden rund 85 Hektar Wald abgeholzt. Am 8. Dezember fiel das letzte Baumhaus. Ein Camp am Waldrand blieb stehen, aber die meisten Zelte waren zuletzt leer. Trotzdem hält sich noch immer ein harter Kern aus 30 bis 60 Ak­ti­vis­t*in­nen vor Ort auf. „Wir haben hier unser Zuhause aufgebaut und lassen es uns nicht nehmen, weiter für die Verkehrswende zu kämpfen“, sagt ein Sprecher der Be­set­ze­r*in­nen der taz. Das Ziel sei immer noch, den Bau der Autobahn zu verzögern.

Die Ak­ti­vis­t*in­nen planen, den einzigen Gasthof des Ortes Dannenrod zu übernehmen. Das Gasthaus Jakob hatte sich zum Zentrum des Protests entwickelt. In der ehemaligen Scheune des Hofs kochten Ak­ti­vis­t*in­nen und brachten das Essen in die Baumhausdörfer.

Am Waldrand entsteht ein Betonwerk

Die Nichtregierungsorganisation Attac mietete das Erdgeschoss: Dort entstand ein Co-Working-Space, damit Stu­den­t*in­nen an der Besetzung teilnehmen und Vorlesungen folgen konnten. In den oberen Etagen nahmen Ak­ti­vis­t*in­nen Auszeiten von den Minusgraden. Nun planen sie, dauerhaft ein Bildungs- und Erholungszentrum in dem Gasthof zu errichten und Landwirtschaft zu betreiben. Die Besitzerin Ingrid Süßmann bestätigt Verkaufsverhandlungen.

Derweil plant das Unternehmen Strabag, das als Partner des Bundes in öffentlich-privater Partnerschaft den Bau und Betrieb der A49 verantwortet, ein Betonwerk am Rande des Waldes zu errichten. Laut dem Bürgermeister von Stadtallendorf, Christian Somogyi (SPD), wurde bereits eine gemeinsame Absichtserklärung unterschrieben, die nötigen Genehmigungen lägen schon vor.

Der Landtagsabgeordnete der Linksfraktion, Jan Schalauske, kritisiert die Pläne. „Es kann doch nicht im Sinne Stadtallendorfs sein, dass im Herrenwald noch mehr Natur durch Rodungen und Flächenversiegelungen zerstört wird“, sagt er. Somogyi argumentiert dagegen, die Belastung sei geringer, je näher sich das Betonwerk an der Trasse befinde. „Wenn ein Großteil des Betons auf der Trasse transportiert werden kann, ist das ein Beitrag dazu, den CO2-Ausstoß insgesamt zu reduzieren“, sagt er.

Für Schalauske zählt dieses Argument nicht. „Es ist doch aberwitzig, wenn die Stadt den Bau mit Verkehrsvermeidung begründet, während die A49 deutlich mehr Verkehr in die Region bringen und Umwelt und Klima weiter belasten wird“, sagt er.

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