Chaostruppe oder Ökopartei: Für die CDU bin ich zu konservativ

Die Union war immer korrekt, umweltschädlich und langweilig. Plötzlich aber sind Brudermord und Klimaschutz angesagt. Unser Autor ist überfordert.

Söder und Laschet stehen versetzt hintereinander und schauen mit ernster Miene in verschiedene Richtungen. Beide tragen FFP2-Masken

„Adenauer-House of Cards“: ein Erbfolgekrieg von nahezu Shakespearʼschen Ausmaßen Foto: dpa

„Das verstehst du nicht“, sagte meine Tochter beim Abendessen zu mir, „dafür bist du zu konservativ.“ Ich musste schlucken, und das lag nicht nur am Gemüsecurry. Worum es ging, habe ich vergessen. Oder verdrängt. Das Alter, Alter. War es Techno-Musik? Das Sexualleben der Generation Corona? Der Gebrauch bewusstseinserweiternder Substanzen?

Es ist aber auch kein Wunder. Dieser Tage zerbröselt mein festgefügtes Weltbild. In dem stehen CDU und CSU für Verlässlichkeit, vollendete Umgangsformen, Retro-Denken und Langeweile. Nichts davon ist mehr übrig bei den neuesten Folgen von „Adenauer-House of Cards“.

Wo ist die Union meiner Jugend? Schaut man auf Friedrich Merz, ähnelt sie der FDP, bickt man nach Sachsen-Anhalt und Thüringen, dann ist sie AfD. Hört man dem neuen Markus Söder zu, ist sie Bündnis100/DieTotalGrünen. Und seit dem Erbfolgekrieg von Shakespearʼschen Ausmaßen und der Lust an der Selbstzerfleischung erscheint die Union wie die gute alte deutsche Sozialdemokratie.

Das AlleinstellungsMerkelmal fällt weg

Und nun fällt auch noch ein letztes AlleinstellungsMerkelmal weg: die Rolle als Schutzpatron aller Umweltschurken. Lange wurde in der Union jedes zarte Öko- Pflänzchen mit einer letalen Dosis Glyphosat besprüht. Aber plötzlich will dieses Unkraut nicht mehr vergehen.

Immer mehr ChristdemokratInnen glauben plötzlich, am Klimawandel sei vielleicht doch was dran. Es gibt den neuen unionsnahen Thinktank „Epico KlimaInnovation“, letzte Woche gründete sich die „KlimaUnion“, die in Überschallgeschwindkeit bei null CO2 sein will. Und in der CDU/CSU-Fraktion haben in Folge der Maskenaffäre die Abgeordneten Pfeiffer und Nüßlein, also Lord Voldemort und Darth Vader der Energiewende, den Dienst quittiert und können nicht wie geplant im nächsten Parlament alle schwarz-grünen Ökoträume torpedieren. Ja, ist denn heutʼ schon Weihnachten?

Für mich stürzt da eine Welt ein. Große Transformation, schön und gut. Aber woran sollen sich Konservative wie ich jetzt noch halten? Wo steht der Gegner, wenn selbst Friedrich Merz mit grünem Schlips vor der Klimakrise warnt? Es kann doch nicht sein, dass wir Umweltprobleme plötzlich vernünftig lösen, einfach sauber und billig Energie erzeugen, in autofreien Städten mit guter Luft leben und gesunde Sachen essen!

Ah, da kommt die Meldung: Armin Laschets Regierung schafft die NRW-Energieagentur ab. Da gibt es zu viele Windspinner. Und er warnt immer wieder davor, es mit dem Klimaschutz zu übertreiben.

Puuuh, da habe ich aber noch mal Glück gehabt. Wenigstens auf diesen Mann ist noch Verlass. Der kann auch Kanzler.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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