Sonderbarer Nutzen

Der Schulschriftsteller und Lehrer Johann Hübner veröffentlichte 1704 in Leipzig das erste große deutschsprachige Lexikon unter dem Titel „Reales Staats-, Zeitungs- und Conversationslexikon, darinnen sowohl die Religionen und staatliche Orden, die Reiche und Staaten, Meere, Seen, Insuln, Flüsse, Städte, Festungen, Schlösser, Häven, Berge, nebst alltäglichen Terminis Juridicis und Technicis, Gelehrten und Ungelehrten zu sonderbaren Nutzen klar und deutlich beschrieben werden“.

An Frauen richtete sich das Frauenzimmer-Lexicon aus dem Jahr 1715, von Gottlieb Sigmund Corvinus unter dem Pseudonym Amaranthes veröffentlicht.

Die Oeconomische Encyklopädie des Arztes und Schriftstellers Johann Georg Krünitz, von 1773 bis 1858 in 242 Bänden erschienen, gilt als das umfangreichste deutsche Lexikon.

Die völlig neu bearbeitete 8. Auflage von Meyers Lexikon entstand von 1935 bis 1942 unter der unmittelbaren Kontrolle der „Parteiamtlichen Prüfungskommission“ (PKK) der NSDAP. Da der braune Meyer dementsprechend tendenziös ausfiel, befand die NSDAP, dass für das Ausland eine gemäßigtere Version gemacht werden sollte. Weder das braune noch das neutralere Projekt wurden beendet. Nach dem Krieg wurden die vorhandenen Bände von der Alliierten Kontrollkommission konfisziert.

Eine so genannte Antienzyklopädie erstellte Pierre Bayle (1647–1706) mit dem „Dictionaire Historique et Critique“ (DHC). Im Gegensatz zu normalen Lexika stellte der DHC Meinungen direkt neben Gegenmeinungen, stellte Wissen nicht als gesicherte Fakten dar, sondern zog Fakten sogar in Zweifel. Dadurch ermutigte er seine Leser zu selbstständigem Denken und machte Fakten überprüfbar. Der DHC ist eine quellenkritische Bestandsaufnahme des theologischen, philsophischen und historischen Wissens seiner Zeit.

Als Vergnügen für Lexikonredakteure hat sich das Verfassen so genannter Nihilartikel etabliert. Dabei handelt es sich um Einträge über nicht vorhandene Gegenstände. Wichtiger Nebennutzen ist die Absicherung gegen Copyright-Verletzungen. Berühmte Beispiele für Nihilartikel sind die Steinlaus im Klinischen Wörterbuch Pschyrembel und das Nasobem im Brockhaus. Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges hat in seiner Erzählung „Tlön, Uqbar, Orbis Tertios“ von 1941 den Nihilartikel literarisch verarbeitet.

Als eine General- oder Universalenzyklopädie bezeichnet man den Versuch der vollständigen und strukturierten Darstellung des Wissens zu einem bestimmten Thema oder des gesamten Wissens der Welt. Sie ist, im Gegensatz zur Spezialenzyklopädie oder zum Fachlexikon, nicht auf ein Fach oder eine Disziplin beschränkt. Die Universalenzyklopädie kann alphabetisch oder systematisch gegliedert sein. Eine Sonderform der Enzyklopädie sind alphabetisch gegliederte Nachschlagwerke wie Lexikon oder Wörterbuch, die nicht den Anspruch erheben, das „gesamte Wissen der Welt“ oder eines Fachs erschöpfend darzustellen.

Als Konversationslexikon oder Reallexikon bezeichnet man eine im 19. Jahrhundert entstandene spezielle literarische Gattung mit Eigenschaften der Enzyklopädie und des Lexikons, die bestimmtes Wissen allgemein verständlich darstellen will. Die ursprüngliche Zielsetzung bestand darin, dem Leser das für die Konversation im Salon notwendige Wissen zu vermitteln.

Freunde präziser Begriffsbestimmung mit höchsten Schwierigkeitsgraden spielen das Lexikonspiel. Hierzu braucht man ein möglichst vielteiliges Lexikon, Zettel und Stift. Funde wie „Huthurungi“ oder „Knihinin“ sollen dabei in ihrer Bedeutung erraten werden. Hals- und Zungenbruch! CHRISTINA KRETSCHMER
AMELA OSMANOVIC