Attac mit Nazi-Anleihen

PROTEST Globalisierungskritiker ziehen Vergleich zu NS-Gesetz

BERLIN taz | Soll keiner sagen, es hätte keinen Widerstand gegen den Fiskalpakt gegeben. Während Attac Deutschland gemeinsam mit anderen Veranstaltern für den Freitagnachmittag zur Protestdemonstration vor dem Reichstag eingeladen hatte, hatte die Attac-Gruppe Aachen den Postweg gewählt. Die Aachener schickten den Bundestagsabgeordneten Karten, auf denen sie die Abstimmung über den Fiskalpakt mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis verglichen.

Auf der Vorderseite der Karte ist das Reichstagsgebäude abgebildet sowie der Text „ESM & Fiskalpakt Ermächtigungsgesetz 2.0“. Hinten steht: „Mit der Faust der Nazis im Nacken stimmten die Abgeordneten des Reichstags 1933 (außer KPD und SPD) dem ‚Ermächtigungsgesetz‘ zu, mit dem sie ihre Kontrollrechte aufgaben. Keine Entschuldigung haben heute die Abgeordneten, die im Reichstag für den ESM stimmen (…). Wir werden das Abstimmungsverhalten jedes einzelnen Abgeordneten veröffentlichen und Sie bei jeder Gelegenheit daran erinnern.“

Unter den Adressaten war das Entsetzen groß. Die Grünen-Partevorsitzende Claudia Roth bezeichnete die Aktion gegenüber Spiegel Online als „ungeheuerlich“, der Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz zeuge „von erschreckender Geschichtsvergessenheit“. Und der Europaabgeordnete Sven Giegold, einst Mitbegründer von Attac, sprach von einer „unsäglichen Aktion“.

Während sich Attac Deutschland von der Kampagne distanzierte, rechtfertigte sie der Initiator Klaus-Peter Schleisiek: Es habe ihn „aus dem Häuschen gebracht“, wie viel Macht „für immer an undemokratische Organisationen abgegeben wird“, sagte er.

Attac Deutschland gehörte auch zu den Initiatoren einer Demonstration, die kurz vor der Regierungserklärung der Kanzlerin und der sich anschließenden Bundestagssitzung begann. Unter dem Motto „Demokratie und Solidarität statt Fiskalpakt“ versammelten sich vor dem Reichstag AnhängerInnen von Gewerkschaften, Parteien und Organisationen. Für die Linke, deren Fraktion gegen den Gesetzentwurf der Regierung stimmen wollte, hatte sich Sahra Wagenknecht angekündigt; für die Grünen der Abgeordnete Christian Ströbele. AM