Zur Zivi-Zukunft
: Freiwilligkeit statt Zwangsdienst?

„Für den Fall einer künftigen politischen Mehrheitsentscheidung zur Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht empfiehlt die Kommission einen Strukturwandel verbunden mit der Entwicklung einer Kultur selbstverständlicher Freiwilligkeit (...)“ – im Gegensatz zur Empfehlung der Berliner Kommission „Impulse für die Zivilgesellschaft“ vom Januar 2004, setzt Detlev Gattner nicht auf bürgerschaftliches Engagement. Der Vorsitzende des Vereins „Hilfe im Haus e. V.“ hat die Erfahrung gemacht, dass sich mit Freiwilligen nicht verlässlich planen lässt. Sie könnten nur helfen, indem sie gelegentlich einsprängen, sagt er.

Die Planung für die individuelle Betreuung Schwerstbehinderter werde sowieso immer schwieriger. Von seinen 60 Zivildienststellen müssten bis zum 1. 9. noch 15 besetzt werden, „Anfragen haben wir im Moment aber keine“, sagt Gattner. Zwar stehe den Schwerstbehinderten in Hamburg ersatzweise eine Pflegeaushilfe zu. Weil die Aushilfsvergütungsregelung nur 400-Euro-Kräfte zulasse, können die Pfleger aber nur wenige Stunden pro Woche arbeiten. „Bei einer 24-Stunden-Betreuung müssten auf den Monat gesehen bis zu 30 verschiedene Personen einen Behinderten pflegen“, rechnet Gattner vor. Das sei den Betroffenen kaum zuzumuten. Deshalb fordert er zusammen mit weiteren Sozialdiensten ein festes Berufsbild des Schwerstbehinderten-Assistenten – stößt aber bei der Hamburger Sozialbehörde auf wenig Gegenliebe. Die Vorschläge würden stets mit der Begründung abgelehnt, dass es Zivildienstleistende und Aushilfskräfte gebe. Auch stünden Ein-Euro-Jobber mittlerweile als Pfleger zur Verfügung.

Vielleicht würde die Behörde handeln, wenn aus Berlin klare Signale kämen? Mit einer Abschaffung des Zwangsdienstes wird jedoch nicht vor dem Jahr 2010 gerechnet. Eine politische Entscheidung dazu sollte eigentlich noch während der aktuellen Legislaturperiode getroffen werden. Damit ist wegen der vorgezogenen Neuwahlen aber nicht mehr zu rechnen. sun