EU will extreme Stromprofite abschöpfen

Die Energieminister der Mitgliedsländer stimmen einer Übergewinnabgabe für Stromerzeuger zu. Auf einen Preisdeckel für Gas verzichten die Staaten jedoch

Hat sich auf dem Treffen in Brüssel durchgesetzt: Wirtschaftsminister Robert Habeck Foto: Virginia Mayo/ap

Von Eric Bonse, Brüssel

Gewinnlimit statt Preisdeckel: Bei ihrem dritten Krisentreffen binnen weniger Wochen haben die 27 EU-Energieminister am Freitag in Brüssel den Weg für eine europaweite Übergewinnabgabe geebnet. Den vielfach geforderten Gaspreisdeckel haben sie jedoch nicht eingezogen. Für einen solchen Deckel hatten sich 15 EU-Staaten ausgesprochen, Deutschland ist dagegen.

Die Minister billigten einen Vorschlag der EU-Kommission, mit dem die Gewinne der Energieerzeuger nach dem sogenannten Robin-Hood-Prinzip begrenzt werden sollen. Der Verkaufspreis für Strom aus erneuerbaren Energien, Atomkraft oder Braunkohle soll bei 180 Euro pro Megawattstunde gedeckelt werden. Dadurch sollen in den nächsten zwei Jahren bis zu 140 Milliarden Euro kassiert werden.

Dieses Geld soll dabei helfen, den Strompreis für Industrie und Haushalte zu dämpfen. Auch eine Subventionierung des Gaspreises für Verbraucher ist möglich. Wie genau die 27 EU-Staaten die zusätzlichen Einnahmen aus dem „Revenue Cap“ (Einnahmendeckel) nutzen, ist ihnen selbst überlassen. Teilweise kann das Gewinnlimit auch noch verändert werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte auf mehr Flexibilität bei der Abschöpfung der Gewinne gedrängt und sich damit durchgesetzt. Das Konzept habe Deutschland stark mitgeprägt, man bereite sich auf eine schnelle Umsetzung vor, sagte Habeck in Brüssel. Details nannte er nicht. Bisher ist nicht einmal klar, wie die Übergewinne verteilt werden sollen.

Sie fallen in den EU-Staaten unterschiedlich an. Zudem haben einige Länder bereits nationale Preisdeckel oder Übergewinnsteuern. Am Donnerstag hatte auch Deutschland eine nationale Gaspreisbremse eingeführt. Wegen der hohen Kosten von bis zu 200 Milliarden Euro und der mangelnden Abstimmung mit der EU führte dies in Brüssel und anderen Hauptstädten zu erheblicher Verstimmung.

Der scheidende italienische Regierungschef Mario Draghi warnte in Rom vor „gefährlichen und ungerechtfertigten Verzerrungen des Binnenmarktes“, wenn sich die EU-Staaten überböten. Europa müsse „in der Krise zusammenhalten“. Der luxemburgische Energieminister, Claude Turmes, kritisierte, es gebe ein „wahnsinniges Rennen zwischen Regierungen“, sich gegenseitig mit Hilfspaketen zu übertrumpfen.

Auf einen Gaspreisdeckel konnten sich die Minister nicht einigen. Das neue Gewinnlimit lässt den Gaspreis zunächst unverändert. Er war nach der Unterbrechung der russischen Gaslieferungen durch die mittlerweile zerstörten Nord-Stream-Pipelines in nie gekannte Höhen geschnellt. Der Gaspreis hat auch den Strompreis nach oben gezogen.

Wie der Gaspreis dauerhaft gedrückt werden kann, soll nun die EU-Kommission klären. Sie will in der kommenden Woche einen Vorschlag vorlegen.