Weltempfänger 4/2009

Die Jury der Litprom-Bestenliste aus Frankfurt/Main empfiehlt aktuelle Neuerscheinungen im Deutschen aus Afrika, Asien und Lateinamerika zur Lektüre. Für den Herbst sind das:

1. Yu Hua: „Brüder“ (China) Aus dem Chinesischen von Ulrich Kautz, S. Fischer Verlag. Glatzkopf-Li ist ein geschäftstüchtiges Großmaul, sein Bruder Song Gang ein nachdenklicher Brillenträger. Die beiden Brüder erleben als Kinder die Kulturrevolution und als Erwachsene den unerhörten wirtschaftlichen Aufschwung Chinas. Ein hochpolitischer Roman im Schelmengewand. Selten so gelacht, selten so geweint.

■ 2. Boualem Sansal: „Das Dorf des Deutschen“ (Algerien) Aus dem Französischen von Ulrich Zieger, Merlin Verlag. Ein dichtes, den Leser in Bann schlagendes Meisterwerk eines der mutigsten Autoren des Maghreb – zwischen einem Dorf in Algerien, einer Pariser Banlieue und einer deutschen Herkunft spiegelt sich gegenwärtige Gewalt in einer gewaltigen Vergangenheit.

3. Uday Prakash: „Dr. Wakankar“ (Indien) Aus dem Hindi von André Penz, Draupadi Verlag. Süffisant, ironisch und von heiterer Melancholie ist die Geschichte von Dr. Wakankar, der immer wieder strafversetzt wird und dennoch unbeirrt versucht, als Arzt und Bürger eine Nische zu finden, abseits von Korruption, Vetternwirtschaft, bestechlichen Ärzten und gepanschten Infusionen, die Patienten das Leben kosten. Ein kleines, wunderbares Buch über schwierige Themen im heutigen Indien, abseits von Tempelglöckchen und raschelnder Seide.

4. Antonio di Benedetto: „Zama wartet“ (Argentinien) Aus dem Spanischen von Maria Bamberg, Manesse. 50 Jahre nach seinem Erscheinen führt uns dieser fesselnde Roman in die koloniale Vergangenheit Argentiniens im 18. Jahrhundert und macht uns bekannt mit einem der wichtigsten Erneuerer der lateinamerikanischen Literatur der Moderne.

5. Ma Jian: „Red Dust“ (China) Aus dem Englischen von Barbara Heller, Schirmer Graf Verlag Als Reisebericht verfasst, ohne Pathos, dokumentarisch knapp und lyrisch zugleich

6. Aravind Adiga: „Zwischen den Attentaten“ (Indien) Aus dem Englischen von Klaus Modick, C. H. Beck. Betrug, Korruption, Alkoholismus, religiöse Konflikte und Ausbeutung bestimmen das Leben in einer fiktiven südindischen Provinzstadt.

7. Feng Li: „Ein vermeintlicher Herr“ (China) Aus dem Chinesischen und mit einem Nachwort von Ulrich Kautz. Ostasien Verlag Empfehlung für eine Übersetzung ins Deutsche: Zoe Wicomb (Südafrika/GB): „The One That Got Away“ (Umuzi, Kapstadt 2008) Die Kurzgeschichten der mehrfach ausgezeichneten südafrikanischen Autorin erzählen von Menschen, die auf dieser Weltkarte erst ihren eigenen Platz im Leben und den richtigen Platz füreinander finden müssen.

Die Jury: Ilija Trojanow (Vorsitz), Katharina Borchardt, Anita Djafari, Andreas Fanizadeh, Karl-Markus Gauß, Kristina Pfoser, Arno Widmann, Thomas Wörtche und Cornelia Zetzsche.