Geheimdienst-Beobachtung wird teuer

NEUES GESETZ Jeder Verein, der im Verfassungsschutzbericht auftaucht, soll in Zukunft automatisch die Gemeinnützigkeit verlieren. Kritische Organisationen können so leicht finanziell ruiniert werden

BERLIN/FREIBURG taz | Am Mittwoch will das Kabinett den Entwurf für das Jahressteuergesetz 2013 verabschieden. Die Vorlage von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht unter anderem vor, dass alle Organisationen, die in irgendeinem der 17 Verfassungsschutzberichte der Länder oder des Bundes auftauchen, automatisch ihre Gemeinnützigkeit verlieren.

Sie selbst müssen dann auf eigene Einnahmen höhere Steuern zahlen. Spenden an sie sind nicht mehr steuerabzugsfähig.

Kritiker befürchten, dass die neue Klausel gezielt vom Staat benutzt werden kann, um über die Nennung im VS-Bericht politisch missliebige Vereine finanziell zu ruinieren. Denn der Geheimdienst kann mit Verweis auf den Quellenschutz die Beobachtung eines Vereins rechtfertigen, ohne die Grundlage dafür offenlegen zu müssen. Die Regelung öffne „politischer Willkür Tür und Tor“, sagte der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof und Linken-Abgeordnete, Wolfgang Neskovic. „Es kann nicht sein, dass ausgerechnet eine kaum kontrollierbare Behörde wie der Verfassungsschutz über die Gemeinnützigkeit von Organisationen entscheidet“, meint Ansgar Klein, der Herausgeber der Forschungszeitschrift Neue Soziale Bewegungen.

Auch bislang war es so, dass ein Eintrag in einem VS-Bericht in der Regel zur Folge hatte, dass Finanzämter die Gemeinnützigkeit aberkannten. Doch davon betroffene Vereine konnten sich dagegen wehren: Sie konnten beim Verwaltungsgericht die Nennung im VS-Bericht als solche anfechten. Leichter war es allerdings, die Finanzgerichte anzurufen und zu beweisen, dass sie trotz VS-Beobachtung gemeinnützig sind. Die eine Möglichkeit entfällt nun: Nach der Novelle haben die Finanzgerichte keine Entscheidungsbefugnis mehr.

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