Besuch von Kenias Präsident in Berlin: Europas Energiehunger

Der kenianische Präsident ist ein gefragter Staatsgast in Berlin und Brüssel. Europa lechzt nach grüner Energie – demokratische Werte zählen weniger.

Bundespräsident Steinmeier und der kanianische Präsident Williamc Ruto gehen an Soldaten vorbei, die Spalier stehen

Der kenianische Präsident Ruto am Montag beim Besuch im Schloss Bellevue Foto: Bernd Elmenthaler/imago

Vergeben und vergessen. Dass die Anklage wegen Menschenrechtsverbrechen gegen den kenianischen Präsidenten William Ruto vorrangig wegen Vorenthaltens von Dokumenten und verschwundener Zeu­g*in­nen fallen gelassen wurde, interessiert nun niemanden mehr. Auch dass Ruto sein Land weiter auf autokratischen Kurs bringt, die Zivilgesellschaft einschränkt oder per Dekret beschließt, dass Kenias Staatsunternehmen künftig ohne Abstimmung im Parlament verkauft werden können.

Schon lange nicht mehr wurde ein afrikanischer Präsident so prominent in Deutschland begrüßt. Kenias Staatsoberhaupt William Ruto ist zu Besuch in Berlin und Brüssel. Am Montag traf er Bundespräsident Steinmeier, am Dienstag Entwicklungsministerin Schulze und Bundeskanzler Scholz.

Am Mittwoch wird Ruto EU-Kommissarin von der Leyen sprechen. Es geht vor allem um eines: Energie. Um Europas Energiehunger grün zu stillen, ist es angewiesen auf Importe. Afrika wird hier eine große Rolle spielen. „Afrika ist ein Kontinent des Überflusses“, sagte Ruto am Dienstag in Berlin, es könne tausendmal mehr erneuerbare Energie produzieren als derzeit gebraucht werde. Ruto stellte Exporte von grünem Wasserstoff aus Kenia in Aussicht.

Deutschland hat stabile Wirtschaftsbeziehungen mit dem ostafrikanischen Land, und der kenianische Kurs für erneuerbare Energien kommt den klima- und energiepolitischen Zielen Deutschlands entgegen. In Kenia stammen bereits an die 90 Prozent der Energie aus Erneuerbaren. Aber: Millionen Haushalte haben keinen Strom. Kenia ist gerade im Ausnahmezustand: Die Bevölkerung geht wegen der hohen Lebenshaltungskosten auf die Barrikaden, das Land ist von Dürre geplagt, im Norden wütet eine Hungersnot – die im politischen Nairobi jedoch weitgehend ignoriert wird.

Deutschlands gänzlich unkritischer Empfang von Ruto stärkt ihn politisch, und er kann mit einigen Deals nach Hause zurückkehren Die größte Herausforderung wird künftig sein, solche Energiepartnerschaften auch für die Bevölkerungen in Afrika gerecht zu gestalten und Demokratie und Menschenrechte im Blick zu behalten – trotz des Energiehungers.

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ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft & Umwelt. Dort schreibt sie über Internationalen Handel und Entwicklungspolitik. Sie war zuvor freie Journalistin in Nairobi und Berlin und schrieb über Nord-Süd Beziehungen, Kapitalismus und Queeres.

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