Umverteilung ostdeutscher Agrarflächen gestoppt

LANDWIRTSCHAFT Bund will vorerst keine Äcker mehr für Pacht oder Kauf anbieten, wenn die jetzigen Verträge auslaufen. Somit wird sich an der hohen Landkonzentration im Osten nichts ändern. Die Grünen kritisieren deshalb den Ausschreibungsstopp

BERLIN taz | Ostdeutsche Großgrundbesitzer haben einen Etappensieg errungen, damit sie ihre vom Bund gepachteten Flächen behalten können: Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte nun, dass die Behörden Äcker und Weiden nach dem Ablauf der Pachtverträge zunächst nicht neuen Besitzern anbieten würden. Der Ausschreibungsstopp solle längstens bis Ende des Jahres gelten. Bis dahin will das Ministerium mit dem Agrarressort und den neuen Bundesländern darüber sprechen, ob und wie die Regeln zur Privatisierung landwirtschaftlicher Flächen zu ändern sind. CDU, SPD, Linke und der konservative Bauernverband fordern in seltener Einigkeit, die jetzigen Pächter zu bevorzugen.

Das sind vor allem Großbetriebe, denn die riesigen Strukturen der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) in der DDR haben die Wiedervereinigung überlebt. In Mecklenburg-Vorpommern etwa hat der Durchschnittsbetrieb laut amtlicher Statistik rund 250 Hektar, während es in Baden-Württemberg nur 25 Hektar sind. Diese Landkonzentration hätten die neuen Ausschreibungen zumindest ein wenig senken können. Um wie viel Hektar es insgesamt geht, konnte die zuständige Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) des Bundes am Dienstag nicht mitteilen.

Die Grünen kritisierten den Ausschreibungsstopp. „Im Kern geht es der SPD darum, die Flächen für die bestehenden Agrar-Großbetriebe zu sichern – und das zu möglichst niedrigen Preisen“, sagte die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Cornelia Behm. Stattdessen solle der Bund Betrieben mit besonders vielen Arbeitsplätzen mehr Flächen anbieten.

Das Finanzministerium äußerte sich trotz taz-Anfrage nicht. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) begründete das Moratorium damit, dass „Großinvestoren Grund und Boden zur Spekulation kauften“.

Diese Sorge hält die alternative Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) für unbegründet. Sie verweist zum Beispiel auf ein Gesetz, mit dem sich landwirtschaftlichen Betrieben ein Vorkaufsrecht einräumen lasse. Die AbL fordert, den Boden den 80 Prozent der Höfe im Osten zu geben, die nach der Wende kein Land von der BVVG bekommen haben. Schließlich seien die Regeln, die zu dieser Verteilung geführt hätten, „fast kriminell“ gewesen, erklärte der ostdeutsche AbL-Sprecher Jörg Gerke. So habe der Bund schon 1990 das meiste Land verteilt, obwohl sich damals noch nicht viele neue Höfe gründen konnten. Ehemalige DDR-Kader hätten ihren früheren LPG-Kollegen das Land zu Billigpreisen zugeschanzt.JOST MAURIN