Wächter „national befreiter Zone“ erneut vor Gericht

STURM 34 Sechs Jahre nach den Gewalttaten in Mittelsachsen läuft jedoch alles auf einen Deal hinaus

DRESDEN taz | Die Langsamkeit der sächsischen Gerichtsbarkeit hat Auswirkungen auf die Strafverfolgung rechter Gewalttaten. Zum Auftakt des Revisionsprozesses gegen mutmaßliche Rädelsführer der kriminellen Vereinigung „Sturm 34“ plädierten die Verteidiger von zwei der fünf Angeklagten auf Einstellung des Verfahrens.

Sechs Jahre nach den Taten sei der „erzieherische Bedarf einer Jugendstrafe nicht mehr gegeben“, sagte Anwältin Ines Kilian. Zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung zeichnet sich außerdem ein Deal ab. „Lange Verfahrensdauern bedeuten immer eine psychische Belastung und eine Verwässerung des Strafmaßes“, sah Oberbürgermeister Matthias Damm (CDU) aus dem sächsischen Mittweida seine Warnungen bestätigt.

In seiner Stadt hatte sich im März 2006 auf dem Grundstück eines bayerischen Bauunternehmers Sturm 34 mit dem Ziel gegründet, eine „national befreite Zone“ zu schaffen. Damm hatte im Januar dieses Jahres die Wiederaufnahme des Verfahrens angemahnt und von einem „Justizskandal“ gesprochen. Im April 2011 waren allerdings fünf Mitglieder von Sturm 34 zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt worden.

Der Bundesgerichtshof hatte den Prozess vor zweieinhalb Jahren erneut an das Landgericht Dresden verwiesen und vor allem moniert, dass die Dresdner Kammer die angeklagten Rädelsführer in erster Instanz nicht auch als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung verurteilt hatte.

Zur Eröffnung des Revisionsprozesses schilderte die Anklage, wie Sturm 34 mit „Kontrollfahrten“ und gezielten Attacken im mittelsächsischen Raum Angst verbreiten wollte. Die Kameradschaft mit einem harten Kern von etwa 20 Mitgliedern beging von 2006 bis zu ihrem Verbot zahlreiche Gewaltdelikte, darunter organisierte Überfälle.

Das Verfahren soll vorerst bis Juni dauern. Kammervorsitzende Herbert Prösl zeigte sich für eine Absprache der Prozessbeteiligten offen. MICHAEL BARTSCH