Der Auftakt zur „Offensive 77“

1977 verhaftet, 1989 begnadigt: die Geschichte von Verena Becker und dem Buback-Attentat

BERLIN taz | Das Attentat auf Siegfried Buback war Auftakt der „Offensive 77“, mit der die untergetauchten Mitglieder der Roten Armee Fraktion die Freilassung der in Stuttgart-Stammheim inhaftierten RAF-Gründer um Andreas Baader und Gudrun Ensslin erzwingen wollten.

Am 3. Mai 1977, nicht einmal vier Wochen nach dem Mord von Karlsruhe, wird Verena Becker zusammen mit dem RAF-Mitglied Günter Sonnenberg nach einer wilden Schießerei im baden-württembergischen Singen festgenommen. Bei dem Feuergefecht wird Becker leicht und Sonnenberg schwer verletzt. Im Gepäck der Festgenommen: die Waffe, aus der die tödlichen Schüsse auf Buback abgefeuert worden waren.

Ende November 1977 kommt es in Stuttgart-Stammheim zum Prozess gegen Verena Becker. Das Verfahren findet im Schatten des „Deutschen Herbstes“ statt, der wenige Wochen zuvor mit der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer seinen Höhepunkt gefunden hatte. Als am 18. Oktober die in Stammheim inhaftierten Gefangenen Baader, Ensslin und Jan-Carl Raspe tot aufgefunden werden, sitzt Verena Becker in einem Seitentrakt des Gefängnisses – „unter verschärften Haftbedingungen“, wie ihre Anwälte beklagen.

Gegen Verena Becker wird bereits unmittelbar nach ihrer Festnahme wegen des Verdachts der „mittäterschaftlichen Beteiligung“ an der Ermordung Bubacks und seiner Begleiter ermittelt. Der Bundesanwaltschaft zufolge führen die Untersuchungen aber nicht zu der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit. Das Verfahren wird am 31. März 1980 eingestellt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilt Becker Ende Dezember 1977 wegen versuchten Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe – Anlass ist die Schießerei bei ihrer Verhaftung. Becker, die sich Anfang der 80er-Jahre dem Verfassungsschutz anvertraut, wird 1989 begnadigt und am 30. November 1989 aus der Haft entlassen. WG