was macht eigentlich... … eine Berliner Kurierfahrerin?
: Kein phlegmatischer Mensch werden

Anna Quost sagt, sie wäre eine Kamikaze-Fahrerin. Aber sie ist vorsichtig geworden. Wenn sie im Sattel über Berlins Straßen rauscht, um Briefe und Päckchen zuzustellen, hat sie mehr im Kopf als Geschwindigkeit. Zu Hause warten ihre 17 Monate alten Zwillinge, ein Mann, der für sie zurücksteckt, und ein Haus, das fertig gebaut werden will. Diese Verantwortung sei es, die sie von den meisten männlichen Kurierfahrern unterscheide. Schon einmal hat sie ihre Babys mit Gipsarm gebadet, jetzt fährt sie vorsichtiger – bei Regen sogar mit Helm. Regen und Helm waren auch dabei, als sie am Wochenende drittplatzierte Frau bei den Deutschen Kuriermeisterschaften geworden ist. Solche Wettbewerbe sind, ähnlich wie ihr Job, Auszeiten für Anna Quost. Nach der Arbeit können ihr die Zwillinge auf der Nase rumtanzen, sie bleibt gelassen. „Das Fahren hilft mir, kein phlegmatischer Mensch zu werden“, sagt Quost. Auf dem Weg zum Phlegma war sie, als sie ohne Arbeit mit den Kindern daheim saß und nur noch Mutter war. „Frauen stecken viel zu viel zurück. Dabei sollte eine Mutter auch viel für sich machen.“ Etwas für sich machen, das heißt bei Quost Fahrrad fahren. Nach Strecken, die andere als ermüdend empfinden würden, ist sie erst so richtig zufrieden. Nur, wie kann jemand, der tagtäglich im Berliner Verkehrschaos steckt, so ausgeglichen sein? „Es macht gar keinen Sinn sich aufzuregen, man zieht auf dem Fahrrad immer den Kürzeren“, sagt sie und lächelt wissend: „Als Fahrradfahrer steht man ohnehin nie im Stau“. ADE FOTO: PRIVAT