„Bespitzelung“ soll vor Gericht

GRUNDRECHTE In Göttingen klagen Atomkraftgegner gegen die verdeckte Observation durch die Polizei. Deren Vorgehen nennt ein Jurist gesetzeswidrig

Die heimliche Observation, sagt der Anwalt, „verletzt das Grundrecht der Versammlungsfreiheit“

Wenn sich in Göttingen Menschen zu einer Demonstration versammeln, finden sich meist auch in Zivil gekleidete Polizeibeamte des politischen Kommissariats ein. Viele Teilnehmer der Kundgebungen fühlen sich dadurch unwohl, manche gar bedroht.

Der Göttinger Anti-Atom-Initiative reicht es jetzt. Sie klagt beim Verwaltungsgericht gegen die verdeckte Observation. Links- und Piratenpartei, Grüne Jugend, die örtliche Ver.di-Fachgruppe Einzelhandel und weitere Initiativen unterstützen diesen Schritt.

So hätten zivile Polizeikräfte auch die monatlichen Mahnwachen überwacht, mit denen die Anti-Atom-Initiative auf dem Göttinger Marktplatz an das Atomunglück in Fukushima erinnert, sagt ein Aktivist. Man protestiere „schon länger gegen die verdeckte Bespitzelung politischen Engagements“, fügt er hinzu. „Auch Polizei und Staatsschutz müssen sich endlich an die Gesetze halten.“

Was sie aus Sicht von Rechtsanwalt Johannes Hentschel, der die Anti-Atom-Initiative vertritt, bislang aber gerade nicht tun: Die zu Mahnwachen oder Demonstrationen entsandten Polizeibeamten seien gesetzlich verpflichtet, sich zu erkennen zu geben, sagt der Rechtsanwalt. Die heimliche Observation „schreckt von der Teilnahme an Demonstrationen ab und verletzt das Grundrecht der Versammlungsfreiheit“.

Im niedersächsischen Versammlungsgesetz, das am ersten Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist, werde festgelegt, dass sich anwesende Polizisten gegenüber der Versammlungsleitung zu erkennen geben müssten, führt Hentschel aus. Dies gelte ausdrücklich auch für in Zivilkleidung auftretende Kräfte.

Bereits im Bundesversammlungsgesetz, das früher galt, war eine solche Bestimmung festgelegt. Gleichwohl sehe die Göttinger Polizei weiterhin keinen Grund, sich an diese gesetzliche Regelung zu halten, beklagt etwa die Initiative „Bürger beobachten Polizei und Justiz“.  RP