Das Comeback-Kid

Christian Lindner hat wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen

Im Leben von Christian Lindner geht alles etwas schneller. Einst war der Liebhaber alter Sportwagen jüngster Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag. Rasch stieg er in Nordrhein-Westfalen zum FDP-Generalsekretär auf, 2009 übernahm er den Posten auf Bundesebene. Vor drei Monaten trat er im Streit mit seinem Weggefährten Philipp Rösler zurück. Beinahe wäre es ruhig geworden um den jungenhaften Schnelldenker. Jetzt, mit nur 33 Jahren, beginnt Lindners Comeback.

Spät am Donnerstagabend einigte sich die Spitze der NRW-FDP: Lindner führt die desolate Partei in den Kampf für den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag. Es geht ums politische Überleben der Freidemokraten – in Düsseldorf wie im Bund. Nordrhein-Westfalen gilt erneut als Taktgeber für die Entwicklung auf Bundesebene. Hier wie dort sehen Umfragen die FDP bei miserablen 2 Prozent. Das ist eine große Bürde für Lindner. Und eine große, unverhoffte Chance.

Eigentlich wollte der Politologe seinen politischen Wiederaufstieg langsam angehen. Für kommende Woche geplant war Lindners Kür zum Vorsitzenden des mächtigen FDP-Bezirksverbands Köln, seiner politischen Heimat. Nun erhält er als Preis für seine schier unlösbare Aufgabe den nordrhein-westfälischen Landesvorsitz. Der bisherige Posteninhaber, Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, ist vermutlich froh, nicht selbst in den aufreibenden Landtagswahlkampf ziehen zu müssen.

Am Freitag gab Lindner den Ton für die nächsten zwei Monate vor: Bei dieser „ganz entscheidenden Wahl“ gehe es „darum, dass es weiter in den deutschen Parlamenten eine Stimme der Freiheit gibt, eine konsequent liberale Partei“. Ein Schlachtruf – und ein Hilfeschrei.

Lindner hat wenig zu verlieren, aber viel zu gewinnen. Hievt er die Partei über die Fünfprozenthürde, darf er sich als Retter in der Not preisen lassen. Schafft er es nicht, wird ihn zumindest niemand fürs Zustandekommen der vorgezogenen Wahl verantwortlich machen können. Das hat der FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke verbockt.

Schon wird spekuliert, Lindner könne den glücklosen Rösler als Parteichef beerben. Doch Lindner weiß, wann er sich zurücknehmen muss: Soll doch Rainer Brüderle als Übergangsvorsitzender die Niederlage bei der Bundestagswahl 2013 einfahren. Danach könnte sich Lindner erneut als Retter in der Not präsentieren. Darin gewinnt er ja Übung. MATTHIAS LOHRE