Die kleine Lösung

LEISTUNGSSCHUTZ Verleger sollen qua Gesetz Geld für im Netz verbreitete Texte bekommen

VON MEIKE LAAFF

Nun hat das Wortungetüm also den Segen der Regierung: Am Sonntag einigte sich der Koalitionsausschuss darauf, das schon im Koalitionsvertrag versprochene Leistungsschutzrecht für Presseverlage einführen zu wollen. Die sollten dann von Suchmaschinen wie Google und anderen „gewerblichen Nutzern“ Geld dafür bekommen, wenn die ihre Texte oder Teile davon im Netz verbreiten – etwa über den Dienst Google News.

Motiviert wurde die Koalition dazu von den Presseverlagen, die es als ungerecht empfinden, dass Google und andere Anbieter Artikel oder Teile von Artikeln, die die Verlage kostenfrei im Netz zur Verfügung stellen, weiterverbreiten und damit ihrerseits Geld, zum Beispiel über Werbung, verdienen. Diese „Schutzlücke“, so argumentieren der Verlegerverband BDZV und vor allem Springer-Konzerngeschäftsführer Christoph Keese, gelte es, durch das Leistungsschutzrecht zu schließen – hätten doch auch die Musik- und die Filmbranche ähnliche Rechte. Doch ihr Vorstoß stieß auf massive Kritik: Urheberrechtskritische Aktivisten, aber auch Journalisten kritisierten es als einen überzogenen Anspruch der Verleger, für kleinste Textschnipsel Geld zu verlangen, monierten, dass gesetzlich ausgeglichen werden solle, dass Verleger ihre Artikel im Netz kostenfrei zur Verfügung stellen, indem künftig Google und Co. zahlen sollen. Das sei so, als „müsste der Busfahrer dem Kirmesbetreiber Geld dafür geben, dass er die Kunden zu ihm bringt“, schrieb Medienjournalist Stefan Niggemeier auf seinem Blog. Denn Google und andere Suchmaschinen und News-Aggregatoren würden die Leser ja erst auf die Seiten der Verlage führen. Häufig war von einem Kniefall der Politik vor den Lobbybemühungen der Verlage zu lesen. Viele Kritiker wiederum ließen sich vor den Karren von Google spannen, schrieb erst kürzlich Springer-Mann Christoph Keese. Der BDZV begrüßte die Ankündigung der Koalition, bekam aber weniger als gewünscht. „Das ist eine kleine Lösung im Vergleich zu dem, was die Verlage wollten“, sagt der Rechtsanwalt Ole Jani von CMS Hasche Sigle. Das sieht auch Matthias Spielkamp von der Urheberrechts-Informationsplattform irights.info so – zum Beispiel soll zum Missfallen der Verlage auch in der gewerblichen Wirtschaft das „Lesen am Bildschirm, das Speichern und der Ausdruck von Presseerzeugnissen kostenfrei“ bleiben.

Lange war unklar, worüber eigentlich gestritten wird – denn der Teufel steckt in digitalen Urheberrechtsfragen oft im Detail. Die Veröffentlichung aus dem Koalitionsausschuss liefert nun erste konkrete Anhaltspunkte. So heißt es dort: „Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikeln) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen.“ Auch Urheber sollten eine „angemessene finanzielle Beteiligung“ erhalten. Die „private Nutzung“ von Presseerzeugnissen soll nicht vergütungspflichtig sein.

Das lässt in den Augen von Kritikern aber noch viele Fragen offen – etwa, was genau ein „gewerblicher Anbieter“ sei: Fallen darunter nur kommerzielle Schwergewichte wie Google oder wären auch kleine Onlinemagazine betroffen, die über Onlinewerbung ein paar hundert Euro im Monat verdienen? Unklar bleibt auch, was genau geschützt werden soll: Sind mit „kleineren Teilen“ journalistischer Beiträge auch Überschriften, kurze Anmoderationen oder Zitate aus Texten gemeint? Hier beruhigt der Rechtsanwalt Jani: „Textzitate, die heute zulässig sind, werden auch morgen zulässig sein, daran ändert sich durch das Leistungsschutzrecht nichts.“

Klar scheint schon jetzt: Von einem Leistungsrecht profitieren würden vor allem größere Verlage und Zeitungen – kleinere wären auf den Traffic, den Aggregatoren und Suchmaschinen ihnen liefern, ohnehin angewiesen und würden aufgrund ihrer Größe von Schutzrechten in weit geringerem Maße profitieren.