Aufruhr in Afghanistan

PROTESTE Bei Demonstrationen gegen die Isaf-Truppen sterben mindestens zehn Menschen. Die Bundeswehr räumt ein Lager

KABUL/BERLIN taz | Afghanistan kommt nach der Koranverbrennung durch US-Soldaten nicht zur Ruhe. Am vierten Tag in Folge protestierten Tausende aufgebrachte Afghanen in verschiedenen Städten. Mindestens zehn Menschen wurden getötet, davon sieben in der Stadt Herat im Westen des Landes.

In Kabul zogen Sondereinsatzkräfte der Polizei auf. Das Innenministerium appellierte an die Bevölkerung, zu verhindern, „dass die Proteste in Gewalt umschlagen“. In der Provinz Baghlan griffen rund 1.000 Aufständische das Lager eines ungarisch geführten zivil-militärischen Wiederaufbauteams an. Aufrührern gelang es, hinter die Stacheldrahtabsperrung des Feldlagers vorzudringen. Die Polizei gab Warnschüsse ab, elf Menschen wurden verletzt. Baghlan gehört zum Verantwortungsbereich der Bundeswehr.

Diese räumte wegen der Unruhen ein kleineres Lager in der nordafghanischen Stadt Talokan, das in den kommenden Wochen ohnehin aufgegeben werden sollte. Der Kommandeur der Nordregion, General Markus Kneip, habe die rund 50 Soldaten vorübergehend in das große Bundeswehrcamp in Kundus zurückbeordert, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Der Zeitplan für den Abzug aus Afghanistan sei jedoch durch die Gewaltakte der vergangenen Tage „in keiner Weise infrage gestellt“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Freitag.

Die Regierung in Pakistan rief die Taliban jetzt erstmals öffentlich zur Teilnahme an Friedensgesprächen mit der afghanischen Regierung auf. Es sei nun an der Zeit, in der Geschichte Afghanistans ein neues Kapitel aufzuschlagen, erklärte sie.

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