„Acta zementiert das Urheberrecht“

NETZPOLITIK Mit dem Handelsabkommen Acta will auch die EU-Kommission Urheberrechte schützen. Bernd Schlömer, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei, erklärt, was seine Partei daran stört

■ 40, stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei, arbeitet als Referent im Bundesverteidigungsministerium.

taz: Herr Schlömer, Sie haben Acta scharf kritisiert. Haben Sie kein Mitleid mit Musikern und Autoren?

Bernd Schlömer: Doch, natürlich. Das Urheberrecht muss die Interessen der Kreativwirtschaft genauso berücksichtigen wie die der Konsumenten. Deshalb möchten wir auch zusammen mit Musikern, Freischaffenden und Künstlern einen runden Tisch veranstalten, um gemeinsam Lösungsmöglichkeiten für zukunftsweisende Geschäftsmodelle zu finden.

Acta ändert kaum etwas am deutschen Gesetz. Warum also der Aufschrei?

In der Tat ist das deutsche Urheberrecht, so wie es in der Praxis angewendet wird, in Acta enthalten. Aber mit diesem Abkommen wird den Usern gar nicht erst die Möglichkeit gegeben, die Reformbedürftigkeit des Urheberrechtsgesetzes anzusprechen. Stattdessen zementiert Acta das Urheberrecht in seiner jetzigen Form. Wir müssen es aber dem digitalen Zeitalter anpassen.

Warum ist das Urheberrecht Ihrer Meinung nach nicht mehr zeitgemäß?

Wenn ich mir beispielsweise ganz legal im Internet ein E-Book kaufe – ein digitales Buch –, verhindert es der Kopierschutz, dass ich es verschenken kann wie ein normales Buch. Auch im Bildungsbereich existieren erhebliche Defizite, weil es das Urheberrecht weitgehend untersagt, Kopien von beispielsweise Kinderliedern in ausreichender Zahl zu verteilen. Deshalb sagen wir, dass Informationen, darunter fällt auch Musik, für Bildungs- und Qualifikationsprozesse kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollen.

Innerhalb der Piratenpartei gibt es Ideen für ein neues Urheberrecht, etwa die Einführung einer Kulturflatrate, also einer pauschalen Abgabe für Informationen aus dem Netz. Welches Modell halten Sie für am geeignetsten?

Da will ich mich nicht pauschal festlegen, weil ich gelernt habe, wie wichtig es ist, zuerst zu erfahren, welche unterschiedlichen Interessen es überhaupt gibt. Ich möchte erst den Dialog mit den Vertretern aus der Kreativwirtschaft suchen und mir anhören, was diese für sinnvoll halten.

INTERVIEW: SEBASTIAN FISCHER