Weltweite Wut über Syrien-Veto

SYRIEN Russland und China lehnen UN-Resolution ab. Syrische Opposition und arabische Welt sind empört. In Homs sterben am Wochenende bis zu 280 Menschen

BEIRUT taz | Freude und Häme beim Regime in Damaskus, blankes Entsetzen bei der syrischen Opposition: Mit einem Veto haben Russland und China im UN-Sicherheitsrat eine Resolution für das Ende der Gewalt in Syrien verhindert. Alle anderen 13 Ratsmitglieder stimmten für den Entwurf. Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, das Veto sei vor allem ein Veto gegen die Menschen in Syrien. Die syrische Opposition sieht in dem Scheitern eine Lizenz zum Töten für das Regime von Präsident Baschar al-Assad.

Wenige Stunden bevor die Sitzung des UN-Sicherheitsrats begann, eröffneten die syrischen Streitkräfte in mehreren Vierteln der Protesthochburg Homs das Feuer. Mehrere hundert Menschen sollen dabei getötet worden sein.

Der Syrische Nationalrat (SNR), das wichtigste Bündnis syrischer Oppositioneller, kritisierte die Haltung Moskaus und Pekings scharf: „Der SNR hält beide Regierungen für verantwortlich für die Eskalation der Ermordungen und des Genozids und betrachtet diesen Schritt als Lizenz für das syrische Regime, weiterzutöten.“ Die lokalen Koordinierungskomitees, eine Art Dachverband der Protestbewegung, riefen als Reaktion auf die gescheiterte UN-Abstimmung zu einem landesweiten Streik in Syrien auf. Russland und China hätten deutlich gemacht, dass sie bereit sind, „den brutalen Verbrechen des Regimes internationale Deckung zu geben“. Die UN-Resolution stützte sich auf einen Friedensplan der Arabischen Liga. Tunesiens Regierung gab aus Protest gegen das „blutige Massaker“ in Homs bekannt, dass sie das Assad-Regime nicht länger anerkennt. Die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman appellierte auch an die westlichen Staaten, die diplomatischen Beziehungen mit Syrien abzubrechen. Weltweit wurden sieben syrische Botschaften von Demonstranten attackiert. Betroffen waren die Vertretungen in Kairo, Berlin, London, Athen, Kuwait und Tripolis.

Die syrischen Staatsmedien indessen warfen westlichen und arabischen Fernsehkanälen vor, Berichte über die Angriffe in Homs zu fabrizieren, um die UN-Abstimmung zu beeinflussen. Syrien sei Opfer einer „hysterische Kampagne der Provokation“. Der Nachrichtenagentur Sana zufolge verlaufe das Leben in Damaskus, Hama und Homs „normal.“ GABRIELA M. KELLER

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