„Bild“ verspricht Aufklärung zu Mailbox-Veröffentlichung

AFFÄRE Wann hat Kai Diekmann die Wulff-Nachricht verbreitet? taz veröffentlicht Anfrage an „Bild“-Chef

Wer bei „Bild“ wusste von der Nachricht? Wer gab sie weiter? An wen? Und warum?

BERLIN taz | Seit Anfang des Jahres kursieren Textpassagen aus der umstrittenen Nachricht des Bundespräsidenten Christian Wulff auf der Mailbox des Bild-Chefredakteurs Kai Diekmann vom 12. Dezember 2011. Ungeklärt blieb bisher die Frage, auf welchen Wegen Teile der Nachricht an die Öffentlichkeit kommen konnten. Um das zu klären, stellte die taz am Freitag eine detaillierte Anfrage an den Chefredakteur der Bild, Kai Diekmann und die Pressestelle des Springer-Verlags. Die Anfrage ist mit einer Frist bis Montag 16.00 Uhr versehen, sie ist auf taz.de dokumentiert.

Die Anfrage dreht sich um den Umgang mit der Mailboxnachricht: Wer bei Bild wusste von der Nachricht? Warum entschied sich die Redaktion zunächst gegen eine Veröffentlichung des Anrufs und gegen eine Berichterstattung darüber? Gab es rechtliche Bedenken? Ab wann wurden Teile der Nachricht an externe Journalisten weitergegeben? Warum wurde der Bundespräsident um Erlaubnis zur Veröffentlichung gebeten, wenn trotz seiner Ablehnung Bild-Redakteure offenbar weiterhin Teile der Nachricht verbreiteten? Wurde die Nachricht in Teilen oder als Ganzes weitergegeben, als Tondokument oder in schriftlicher Form?

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann antwortete am Freitag in einer Mail an die taz. Darin sicherte er eine Bearbeitung der Anfrage zu. „Selbstverständlich erhalten Sie pünktlich Ihre Antworten“, so Diekmann.

Unterdessen veröffentlichte die Welt, die im Axel-Springer-Verlag erscheint, im Internet eine Liste aller Fragen, die sie in den letzten Wochen an Christian Wulff und die in die Kreditaffäre involvierte BW-Bank gestellt hat – samt Antworten. Vorausgegangen waren rechtliche Zweifel des Wulff-Anwalts Gernot Lehr, Journalistenanfragen an den Bundespräsidenten samt Antwort zu veröffentlichen. Neben der Welt haben zusätzlich auch die Bild, der Spiegel, die Berliner Zeitung und die Frankfurter Rundschau einer Veröffentlichung ihrer Fragen an den Bundespräsidenten und der dazugehörigen Antworten zugestimmt.

Die umfangreiche Sammlung zeige, „wie verklausuliert und formaljuristisch argumentiert wird und wie wenig manche Antworten von Wulffs Anwalt in Wahrheit erklären“, sagte Uwe Vorkötter, Chefredakteur der Berliner Zeitung und der Frankfurter Rundschau in Berlin. Die Antworten des Anwalts seien ein „Spiegelbild der missglückten Informationspolitik des Bundespräsidenten“, so Vorkötter.

FELIX DACHSEL