Ein Film schwimmt im Zeichenpool

Achtung! John Travolta und Uma Thurman beherrschen immer noch die coole Mimik aus „Pulp Fiction“ – in „Be cool“, wo sie wieder zusammen auf die Tanzfläche müssen, bricht aber manchmal ein Lachen durch. Ansonsten ist der Film ein Sequel von „Get Shorty“: viele Versatzstücke und Popverweise

VON SEBASTIAN FRENZEL

„Was sagt man zu einem Mann mit zwei blauen Augen? Nichts. Es wurde ihm bereits zweimal gesagt.“ Auch wenn sie nicht immer so sicher sitzen, erkennt man schon an den trockenen Sprüchen, dass „Be cool“ ein Fortsetzungsfilm von „Get Shorty“ ist. 1995 erschienen, war „Get Shorty“ damals nicht nur zeitlich nah dran an Tarantinos „Pulp Fiction“: Gangstermilieu, John Travolta in der Hauptrolle, smarte Dialoge und exzellente Musik – eben an diesem Stil versucht sich nun, zehn Jahre später, auch „Be cool“. Die Referenzen sind also klar, und Regisseur F. Gary Gray und Drehbuchautor Peter Steinfeld lassen nicht den Eindruck aufkommen, als hätten sie dies verbergen wollen: Von der ersten Einstellung an ist „Be cool“ ein Film, der verweist und zitiert.

Wie bei jedem Sequel liegt da als erste Referenzebene also der Vorgängerfilm (die Handlung von „Be cool“ setzt da an, wo sie in „Get Shorty“ endete). Da „Get Shorty“ nun aber schon ein Film war, der sich in erster Linie um sich selbst drehte (der Geldeintreiber Chili Palmer hat keine Lust mehr auf sein mafiöses Metier und geht nach Hollywood, um Filme zu drehen), bekommt die Sache schon mal einen zweiten Boden. In „Be cool“ nun wechselt Palmer, gespielt von John Travolta, vom Film- ins Musikbusiness, von Hollywood zu MTV, sodass zu den Verweisen auf das Filmgeschäft nun auch noch der gigantische Zeichenpool des Pop hinzukommt.

Aus dem bedient sich „Be cool“ nicht eben zurückhaltend. Jede Szene strotzt vor Anspielungen: die Autos, das Plakat an einer Häuserfassade, die zahlreichen Gastauftritte von Musikern (eine Auswahl: Soulsängerin Christina Milian, The RZA, Wyclef Jean, André 3000 von Outkast, Aerosmith-Frontmann Steven Tyler) und dann natürlich der Auftritt von Uma Thurman, die hier auf John Travolta trifft; ihr erster gemeinsamer Film seit – genau: „Pulp Fiction“.

Dass sie gerne noch immer ein Mädchen wäre, sagt Thurman zu Travolta beim ersten Aufeinandertreffen, und augenblicklich säuselt die Strophe „Girl, you’ll be a woman soon“ im Kopf, die in „Pulp Fiction“ Umas baldige Initiation in den Kreis der geläuterten Drogenopfer einläutete – auch wenn Thurman von solchen Eskapaden in „Be cool“ weit entfernt bleibt. Wie in Tarantinos Meisterwerk legen die beiden erneut einen Tanz hin, es ist fast derselbe Bewegungsablauf, diesmal jedoch vorgetragen zu einem Stück der HipHop-Crew Black Eyed Peas. Und auch wenn die Vorlage zweifellos uneinholbar ist, hat diese Szene allein schon dadurch Charme, dass Travolta und Thurman zwar noch immer die coole Mimik von damals beherrschen, manchmal aber auch schlichtweg das Lachen durchstößt.

Die Handlung? Die gibt es auch: Für seinen Einstieg in die Musikszene hat Chili Palmer mit der Sängerin Linda Moon (Christina Milian) schon ein großes Talent parat, doch wieder einmal kommen ihm diverse Gangstergruppen in die Quere. Da sind zunächst Promotion-Chef Nick (Harvey Keitel als grandios-widerlicher Typ) samt Manager Raji (Vince Vaughn), dann ist da die russische Mafia, die Chili aus dem Weg räumen will, und schließlich gibt es die Gangster rund um den Musikproduzenten SinLaSalle (Cedric the Entertainer): schwere Jungs mit Pimp-Allüren und dicken Autos. Doch die Story ist es sicher nicht, wovon dieser Film lebt, und auch die rasante Schnittfolge täuscht nicht immer darüber hinweg, dass der Film mehr als einmal hängt. Denn bei all den Sidekicks gerät der eigentliche Handlungsstrang außer Acht, bei all den Zeichen, die auf anderes verweisen, kommt der Film nie zu sich selbst, und schließlich sind auch die Charaktere in „Be cool“ eindimensional geraten.

Andererseits aber zielen diese Vorwürfe ins Leere, denn im Grunde ist es genau dies, was der Film braucht: Versatzstücke, Klischees und Stereotypen in einem guten Mix. Die talentierte, aus armen Verhältnissen stammende Soulsängerin, die einfühlsame Managerin, der Produzent (schwarze Hautfarbe, weißer Anzug mit Zylinder), der auch noch die Bluesgitarre des Rockstars einfließen lässt – und im Hintergrund der Strippenzieher im Italostyle. Heraus kommt am Ende der perfekte HipHop-Song, bei dem sogar die Typen mit den hässlichen blauen Augen mittanzen dürfen. Auf MTV reicht das sicherlich zu einem Nummer-eins-Hit.