Vattenfall vergrault Atomstromkunden

ENERGIE Ökostromanbieter melden deutlich gestiegene Zahl von Neuanmeldungen seit der Pannenserie im Atomkraftwerk Krümmel. Gegen den AKW-Betreiber Vattenfall erhebt der TÜV schwere Vorwürfe

HAMBURG/BERLIN taz/ap | Die deutschen Ökostromhändler profitieren von den Pannen beim AKW-Betreiber Vattenfall: Mehrere Anbieter von alternativen Energien berichteten am Dienstag von massiv gestiegenen Neukundenzahlen. Greenpeace Energy sprach von zwei- bis dreimal so vielen Zugängen wie sonst, Lichtblick verzeichnet nach eigenen Angaben ein Plus von 70 Prozent pro Tag, Naturstrom von 30 bis 40 Prozent. Laut den Unternehmen begründen viele Neukunden ihren Wechsel ausdrücklich mit Unzufriedenheit über den Betreiber des Atomkraftwerks Krümmel.

Der Vattenfall-Konzern wollte Kündigungen am Dienstag nicht bestätigen und verwies auf „verwaltungstechnische Prozesse“: Kunden meldeten sich bei ihrem neuen Anbieter an, der sich erst nach einer Weile an den alten Anbieter wende. Erst im August werde man erfahren, welche Kundenbewegungen es im Juli gegeben habe.

Greenpeace Energy teilte mit, aus dem Vattenfall-Einzugsgebiet habe sich die Zahl der Neukunden seit den Störfallen in Krümmel vervielfacht. Allein aus Hamburg gewinne man pro Tag 80 bis 90 neue Kunden hinzu. Ein Lichtblick-Sprecher erklärte, nach den Störfällen habe sich der Vertragseingang von 300 auf 500 pro Tag erhöht. Vor allem im Internet gebe es gerade einen „extrem starken Zulauf“.

Auch von Gutachtern und Politik gibt es neue Kritik an Vattenfall: Der für Krümmel zuständige TÜV Nord kritisierte in einem internen Protokoll Darstellungen des Konzerns als „nicht zutreffend“. Vattenfalls Darstellung, dass Gutachter „keine Beanstandungen“ am später defekten Transformator hatten, sei falsch. Die Atomaufsicht kündigte an, diesen Vorwurf bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit von Vattenfall als AKW-Betreiber zu berücksichtigen.

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