JOURNALISMUS: N-TV SETZTE EINE GUTE IDEE IN DEN SAND
: Peinliche Entwicklungshilfe

Darauf können sich wohl so ziemlich alle interessierten Zuschauer, Reporter und Hilfsorganisationen einigen: Es gibt zu wenige engagierte Fernsehberichte über Entwicklungsprojekte, erst recht aus notorisch unterrepräsentierten Ländern wie Angola, Uganda oder dem Iran. Aber reicht das schon, um sich als Fernsehsender seine Auslandsreportagen von ebenden Initiativen finanzieren zu lassen, die auch die Entwicklungsprojekte organisieren?

Die Praxis, die der private Nachrichtensender n-tv bei seinen Auslandsreportagen gepflegt hat, wirft ein medienethisches Problem auf, wie es nur selten vorkommt. Steckten Pharma-Unternehmen, Rüstungskonzerne oder auch Regierungen hinter den Filmen, wäre der Fall klar: Verrat! Verkauf! Propaganda! Aber darf man das auch eins zu eins auf das Hilfswerk World Vision, die SOS-Kinderdörfer und den WWF übertragen? Haben die nicht legitime Anliegen? Und vor allem: Haben diese Anliegen nicht jede Öffentlichkeit verdient, die sie nur kriegen können?Ja, diese Anliegen habe alle erdenkliche mediale Aufmerksamkeit verdient – wenn sie sich diese denn auf journalistisch einwandfreiem Wege erarbeiten. Doch davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Auch wenn bei den Sendern immer weniger Platz und Geld für Auslands- und speziell für entwicklungspolitische Themen vorgesehen ist, hätten die Beiträge klar und deutlich, etwa im Abspann, gekennzeichnet werden müssen.

Die Nichtregierungsorganisationen, die sich bei n-tv ihre Öffentlichkeit erkauft haben, haben in einem Strategiespiel mitzuziehen versucht, in dem nicht sie, sondern die journalistische Integrität das erste Opfer war. An Sparzwang und thematischem Tunnelblick sind zwar nicht die Hilfswerke schuld. Doch mit Stützungskäufen wie bei n-tv haben sie diese Schieflage eher noch befördert als behoben, denn ob der Privatsender diese Art des Sponsoring – wie auch immer gekennzeichnet – weiterführt, ist mehr als fraglich. So dürfte es in Zukunft noch weniger Auslandsreportagen geben. Den Schaden teilen sich die Zuschauer mit den Reportern – und den Hilfsorganisationen. HANNAH PILARCZYK