Hardy & Blake

Eine Hand wäscht die andere, lautet Françoise Hardys goldene Regel für künstlerische Zusammenarbeit. Und so hat sie sich der Dienste des irischen Singer-Songwriters Perry Blake versichert, für dessen Album „Still Life“ sie schon 1999 Backing Vocals beigesteuert hatte. Für „Tant de belles choses“ hat ihr Blake gleich zwei Titel geschrieben, die sie nicht nur gerne genommen, sondern auch in der englischen Originalfassung gesungen hat. Was einem Ritterschlag gleichkommt, denn die Hardy erzählt gerne, dass ihr mancher berühmte Musiker eine Komposition widmet, die sie dann leider ablehnen müsse, weil sie keine zündende Melodie erkennen kann.

Perry Blakes Karriere mutet kurios an, ist aber nicht komplett ungewöhnlich: Ähnlich wie die Schweden Stina Nordenstam und Jay Jay Johanson wurde auch er zuerst in Frankreich wahrgenommen. Was am kammermusikalischen Charakter seiner abgründig traurigen Songs liegen mag – wie an seiner Stimme, die sich zwischen extremen Höhen und tiefen Tönen bewegt. Steht ein Land mit Chansonkultur solcher Musik aufgeschlossener gegenüber? „Unbedingt“, findet er. „Übrigens bin ich auch in Portugal sehr populär.“ Und dort gebe es die Fado-Tradition mit ihrem Hang zum Leid. In seiner Heimat hingegen würde man leichte Popmusik bevorzugen, was ihn erst recht anstachele.

Popstar in Frankreich und Portugal – so ein Werdegang kann unmöglich einem Masterplan entspringen. Tut er auch nicht. Die Wahrheit ist ziemlich banal, wie Blake verrät: „Meine bisherige Plattenfirma Naive hat ganz einfach die besten Kontakte in diesen beiden Ländern. Dafür engagieren sie sich aber kaum im Rest der Welt.“ Mit der Folge, dass „Songs for Someone“ (Naive/Edel) Perry Blakes erstes Album ist, das in Deutschland wie in Großbritannien direkt und nicht nur als Import zu haben ist.

Höchste Zeit also für eine internationale Karriere des 34-Jährigen. Die Verzögerung allerdings nimmt er gelassen: „Wer weiß: Wenn ich schnell berühmt geworden wäre, würde ich jetzt womöglich am Sunset Boulevard wohnen, mit den falschen Frauen an meiner Seite.“ Apropos: Bislang hat Blake nur einmal versucht, aus dem dunklen Sog seiner Alben auszubrechen: „Ich wollte wenigstens einmal ein kommerzielleres Album aufnehmen. So entstand ‚California‘.“ Für die ausgekoppelte Single „Ordinary Day“ wollte er „ein ganz einfaches Video“ mit einer Boygroup aus seiner Heimatstadt machen. „Und stattdessen setzte die Plattenfirma durch, dass ich ein fürchterliches Video drehen musste, mit einem Russengirl am Swimmingpool. Völlig unpassend!“ Tatsächlich wirkt Blake in dem grünstichigen Video wie ein Misanthrop im Zwangsurlaub.

Konsequenterweise widmet sich „Songs for Someone“ wieder ganz den Schattenseiten der Liebe. Nur in einem „hidden track“ scheint am Ende ein sarkastischer Ton auf. Ist Ironie eine Option für die Zukunft? „Nein“, sagt Blake. „Ich will nicht in die Fußstapfen von Divine Comedy treten.“ Übrigens kommt in Frankreich bereits in zwei Monaten sein nächstes Album heraus, diesmal bei einem großen Label mit internationaleren Ambitionen. „Das Album wird auch wieder sehr traurig – eine Mischung aus Chet Baker und den Carpenters!“ Klingt das nicht fast nach Françoise Hardy? Der immer sehr schwerblütig klingende Ire scheint so etwas wie ein Seelenverwandter der französischen Sängerin zu sein. Ein Punkt allerdings unterscheidet die beiden deutlich: Perry Blake spricht so leise, dass auf dem Interviewband hinterher mehr Nebengeräusche zu hören sind als O-Töne. RKR; FOTO: PROMO