peters‘ paradise
: Den Sieger schon gesehen

Endlich! Der seit Jahren geäußerten Forderung, auch dem Tierfilm im Wettbewerb eine Chance zu geben, wurde mit Wes Andersons „The Aquatic Life with Steve Zissou“ zumindest in geringem Umfang nachgekommen. Engagierte Fischfilmfilmer und allerhand schöne Fische gibt es darin zu sehen, wenn auch der hinterlistige Leopardenhai bei der allgemeinen Fischbetrachtung etwas zu kurz kommt.

Überhaupt ist die diesjährige Berlinale ein Festival des Genrefilms. Neben dem Unterwasserfilm gab es den Abenteuerfilm, den Musikfilm, den Samuraifilm wie auch den französischen Film in gleich mehrfacher Ausführung. Den ansonsten so gern geladenen koreanischen Mädchenquälfilm gab es leider nicht, was durch die Präsenz des deutschen Films wieder wettgemacht wurde. Und wie fabelhaft hat sich Deutschland in diesem Jahr präsentiert: gesamteuropäisch heiter („One Day In Europe“), braunstichig vergangenheitbewältigend („Sophie Scholl – Die letzten Tage“) sowie nachdenklich sonnendurchflutet und leidensstark („Gespenster“). Hier könnte es von Interesse sein, dass die Hauptdarstellerinnen der beiden letztgenannten Werke auf den Namen Julia hören. Fast möchte man schon von einer Berlinale der Julias sprechen, was auch immer das bedeuten mag.

Andererseits ist der heimliche Favorit der gänzlich juliafreie taiwanesische Beitrag „Tian Bian Yi Duo Yun“, was aber auch daran liegen könnte, dass Julia bislang noch kein gängiger taiwanesischer Name ist. Im Film geht es jedenfalls im weitesten Sinne um Liebe und Sex, bei dem Leute aus bislang ungeklärten Gründen umständliche Melonenfrüchte auf den Köpfen tragen – wer das gesehen hat, so viel ist sicher, der wird dieses schmackhafte Stück Obst nie wieder mit gleicher Unschuld betrachten können.

Während der Melonensexfilm also entschieden dazu beitrug, die gängigen Sehgewohnheiten zu verändern und zudem von einem ungebremsten Kunstwillen geprägt war, nahm sich die mit Spannung erwartete George-Michael-Dokumentation „George Michael – A Different Story“ recht schlicht aus. Dafür reiste George Michael immerhin allein wegen des Filmes an und wusste damit den Berlinalestarfaktor erheblich zu steigern. Den verdutzten Medienvertretern erklärte er dann bei der Pressekonferenz, für alle Modesünden der Achtziger verantwortlich zu sein, was ebenso selbstlos wie überheblich war. Bemerkenswert, irreführend und auch ratlos machend war dann der von ihm bemühte Direktvergleich mit Kylie Minogue, die ja seinerzeit von Michael Hutchinson wachgeküsst worden sei. Es blieb zwar schwer zu sagen, was nun wieder mit George Michael zu tun haben könnte, aber das ist vielleicht wieder „a different story“, womit sich der Kreis zum Film letztlich schließt.

Völlig offen ist hingegen noch das Rennen um den Bären, wobei wir hier einmal eine kühne Prognose wagen wollen und behaupten: Wir haben den Sieger schon gesehen. Allerdings stehen immer noch fünf Mitbewerber aus, sodass man auch in diesem Jahr sagen kann: Es bleibt spannend bis zum Schluss!

HARALD PETERS