DIE SENKUNG DER UNTERNEHMENSTEUER VERNICHTET ARBEITSPLÄTZE
: Lasst sie wieder leiden!

Es muss eine traurige Wahrheit ans Licht: Die meisten deutschen Unternehmer sind Masochisten. Seit Jahrzehnten sind sie es gewohnt, von den Gewerkschaften mit der Produktivitätspeitsche traktiert und vom Finanzamt mit Daumenschrauben gepeinigt zu werden. Sie stöhnen lustvoll darüber, winden sich von Investition zu Investition, nur um dem Steuerjoch zu entkommen, und lassen sich immer neue Produkte, neue Märkte, neue Vertriebsstrategien einfallen und schaffen Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, nur damit die Dominas von der Umverteilungsabteilung wieder und wieder und wieder zuschlagen.

So war es zumindest. Denn seit etwa einem Jahrzehnt liegen sowohl Unternehmer als auch Domina auf der Therapeuten-Couch. Der überzeugte sie von der Widernatürlichkeit ihrer Veranlagung, empfahl die Stimulierung des G-Punkts, G wie Gewinnmaximierung, und verordnete Blümchen- statt Striemchensex, also das amerikanische Rein-raus-Spiel. Die Gewerkschaften packten schuldbewusst ihre Folterinstrumente weg und schulten auf Sozialplanberater um, und auch der Finanzminister machte die Beine breit: Durch die Unternehmensteuerreform von 2000 mussten viele Firmen überhaupt keine Körperschaftsteuern mehr zahlen, manche bekamen sogar noch Geld zurück.

Das Ergebnis dieser Sexualtherapie? Katastophal. Die Unternehmen investierten nicht mehr und vernichteten in einem fort Arbeitsplätze. Statt sich zu freuen, dass ihnen Peitsche und Daumenschrauben erspart bleiben, sehnen sie sich nach der schlechten alten Zeit zurück. Welchem Masochisten macht schon Blümchensex Spaß? Geradezu verzweifelt wirken da die Versuche des Schweizer Deutschbankers Josef Ackermann, endlich wieder gestraft zu werden: erst das Victory-Zeichen im Mannesmann-Prozess, dann der Versuch, die Citibank nach dem G-Punkt seines eigenen Ladens suchen zu lassen, dann die Ablehnung der vom Kanzler offerierten Postbank und jetzt die Kombi von Milliardengewinn und Massenrauswurf.

Ganz offensichtlich will da jemand die Peitsche zurück. Und was passiert? Der Wirtschaftsminister fordert Ackermann auf, „mehr Sensibilität für die Situation im Land“ zu zeigen, und sagt im nächsten Atemzug, dass die Unternehmensteuern zu hoch sind, was Angela Merkel und die üblichen Verdächtigen vom BDI natürlich sofort unterschreiben. Und damit lassen sie es eben alle an Sensibilität für die Situation der Unternehmer im Land fehlen. Zuckerbrot, Zuckerbrot, immer nur Zuckerbrot! Und sogar wenn sie nach der Peitsche wimmern, gibt’s noch eine Extraportion Zuckerbrot obendrauf.

Dabei wäre es doch so einfach: Unternehmensteuern werden nur gesenkt, wenn nachweislich und nachhaltig Arbeitsplätze geschaffen werden. Für alle Einkommen jenseits von einer Million Euro pro Jahr wird ein Neidsteuersatz von 88,8 Prozent eingeführt, und Unternehmer, die gleichzeitig die Eigenkapitalrendite um mehr als 2 Prozentpunkte steigern und den Personalbestand um mehr als 2 Prozentpunkte reduzieren, werden zu Führerschein- und Freiheitsentzug nicht unter drei Monaten verurteilt. Bei Erstlingstätern natürlich auf Bewährung. DETLEF GÜRTLER