Geflügeltes Virus wird gefährlich menschlich

Der Fall versetzt Mediziner in Sorge: Tochter, Mutter und Tante einer thailändischen Familie sind an der Vogelgrippe erkrankt. Somit ist klar, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen wird – und sich nun rasant ausbreiten kann

BANGKOK taz ■ Die gefährliche Vogelgrippe wurde in Thailand von Mensch zu Mensch übertragen. Das haben Mediziner jetzt bestätigt: Ein internationales Wissenschaftlerteam unter Leitung des thailändischen Gesundheitsministeriums erklärte, eine an der Geflügelpest gestorbene Frau habe sich bei ihrer Tochter angesteckt.

Das elfjährige Mädchen, das dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 erlag, war im vergangenen September mit Fieber und Hustenanfällen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Zuvor hatte sich das Kind in der Nähe erkrankter Hühner aufgehalten. Die Mutter lebte mit ihrer Tochter nicht zusammen, aber pflegte sie zwei Tage lang im Krankenhaus. Anschließend litt auch sie an Fieber und Atemnot – und starb nach knapp einer Woche. Die Tante des Mädchens infizierte sich ebenfalls, hat die Krankheit jedoch überstanden.

Die Fachleute haben ihre Erkenntnisse im New England Journal of Medicine zusammengefasst. Der Ausbruch der Vogelgrippe war Anfang 2004 in weiten Teilen Südost- und Ostasiens gemeldet worden. Trete der H5N1-Erreger weiterhin in diesen Regionen auf, könnten sich viele Menschen untereinander anstecken, so die Wissenschaftler. Zwar ist seitdem noch kein weiterer Fall bekannt geworden, doch Entwarnung geben Gesundheitsexperten nicht: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat immer wieder vor einer Mutation des tödlichen H5N1-Virus gewarnt, etwa wenn es sich mit Grippeviren vermischt. Dann sei eine weltweite Epidemie möglich.

Bei dem thailändischen Fall wird das noch ausgeschlossen. Allerdings gilt er nicht als der erste, bei dem sich Menschen bei Menschen ansteckten. Schon 1997 soll es in Hongkong vereinzelt zu derartigen Übertragungen gekommen sein. Seit dem Ausbruch der Geflügelpest starben in Thailand nach offiziellen Angaben zwölf Menschen, aus Vietnam wurden mindestens 32 Todesfälle gemeldet. Als Letztes war ein zehnjähriges Mädchen betroffen, das in einer Kinderklinik in Ho-Chi-Minh-Stadt starb.

Da die Vogelgrippe in vielen asiatischen Ländern immer noch nicht ausgerottet ist, hat die EU-Kommission das bestehende Importverbot für Geflügel und Eier nun bis Ende September 2005 verlängert. Es betrifft Thailand, Kambodscha, Indonesien, Laos, China, Vietnam, Pakistan und Malaysia. NICOLA GLASS