Für eine Anschlusskampagne wird es eng

Zu wenig Zeit, eine zu starke Wirtschaftslobby, gegenläufige Eigeninteressen auch der bundesdeutschen Regierung: Es spricht einiges dafür, dass der Schutz der Rechte indigener Völker international weiter auf der Stelle treten wird

GENF/BERLIN taz ■ Eine Neuauflage der Dekade für die Rechte indigener Völker droht zu scheitern. „Uns läuft die Zeit davon“, erklärte ein ranghoher UN-Diplomat gegenüber der taz. Im Dezember 1994 hatten die Vereinten Nationen die „Dekade der indigenen Völker“ ausgerufen, um eine neue Partnerschaft mit den weltweit 400 Millionen Ureinwohnern zu erreichen. Zwar ist dies kläglich gescheitert, weil nicht ein einziges völkerrechtlich verbindliches Papier verabschiedet wurde. Dennoch hatten sowohl die UNO als auch die indigenen Organisationen eine Neuauflage befürwortet.

Wie die taz erfuhr, gaben sowohl der zuständige Ausschuss der Generalversammlung als auch der Wirtschafts-und Sozialausschuss (Ecosoc) der Vereinten Nationen grünes Licht für eine Neuauflage. Die Vertreter der Indigenen fordern diesmal allerdings ein eigenes Sekretariat mit einem eigenen Haushalt und wirklichen Kompetenzen. Bislang sträuben sich die Gremien, dies zuzusagen.

Entscheiden muss schließlich die UN-Generalversammlung – und das bald. „Wenn wir im Januar keine Anschlussregelung hinbekommen, müssen wir ein neues Verfahren starten“, so der Diplomat. Das aber würde wiederum Jahre brauchen.

Auch in der Bundesregierung gibt es Differenzen über den Umgang mit Ureinwohnern. Konkret geht es um die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), die das einzige internationale Abkommen ist, das die Rechte indigener Völker festschreibt. In ihr wird diesen das Recht auf kulturelle Identität, auf Land und Ressourcen und auf Beschäftigung zugestanden. Die Konvention wurde vor 15 Jahren entworfen, ratifiziert haben das Papier bislang lediglich 17 Staaten – darunter aus Europa nur Norwegen, Dänemark und die Niederlande.

Zwar hat der deutsche Bundestag die Regierung schon im März 2003 aufgefordert, die Konvention 169 zu unterzeichnen. Innerhalb der Bundesregierung herrscht darüber aber keine Einigkeit. Während Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sich schon lange für die Ratifizierung stark macht, befürchtet Innenminister Otto Schily (beide SPD), dass sich Stämme wie Sinti und Roma dann in Deutschland auf das ILO-Abkommen beziehen und Aufenthaltsrecht verlangen könnten. AZU/RENI