WAS MACHT EIGENTLICH ...der Pantoffel?
: Zum Glück fliegen

Pünktlich zum Jahreswechsel ändern sich die Prioritäten: Während der Pantoffel die übrigen 364 Tage im Jahr dazu dient, dass die Füße stets wohl temperiert sind, rückt er zu Silvester in den Mittelpunkt des Interesses. Für einige Sekunden ist es an ihm, Schicksal zu spielen. Da hat er die Freiheit und kann über seinen Besitzer richten. Genauer gesagt, seine Besitzerin. Denn vor allem bei jungen Mädchen stand die Hausschuh-Prognose während der vergangenen Jahrhunderte hoch im Kurs. Ein Pantoffel galt schon damals als unbestechlich und deshalb dafür geeignet, seiner Herrin die Richtung anzuzeigen. Allerdings musste es der linke sein, der mit einer Hand über die rechte Schulter geworfen wurde. Mit welcher Eleganz der sonst bodenständige Schuh die Lüfte erobert – war völlig egal. Vielmehr ging es um die Landung. In welcher Lage der Pantoffel auftraf, zeigte seiner jungen Trägerin an, ob sie während der nächsten zwölf Monate Glück in der Liebe finden würde. Die männlichen Einwohner Berlins bevorzugten es dagegen, das Glück bereits am Silvesterabend herauszufordern. Zudem nützte der Brauch ihnen, auf einfache Weise Platz zu schaffen. Wer seinen alten Kalender in Flammen aufgehen ließ, vernichtete damit zugleich die Enttäuschungen und den Ärger des abgelaufenen Jahres. So wollten sich die Herren unbelastet den nächsten Herausforderungen stellen. Jedoch blieb es allzu oft nicht dabei, dass lediglich die Kalenderblätter in Rauch und Asche versanken: Wegen der Brandgefahr musste die Sitte schließlich 1843 verboten werden. SOF FOTO: ARCHIV